Der Wille war nicht da

Mietpreisbremse – zahnlos

Von Siw Mammitzsch

Die Vorschrift zur Mietpreisbremse sei verfassungswidrig. Diese Antritt vertrat die 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin in einem Hinweisbeschluss vom 14. September 2017. So ein Beschluss ist aber kein Urteil und Konsequenzen gibt es auch keine. Denn nur das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) kann die gesetzliche Regelung zur Mietpreisbremse für verfassungswidrig erklären. Hierzu kommt es nicht, noch nicht.

Die einen wollen die Bremse scharf stellen, die anderen abschaffen. Wer da welche Position vertritt, hängt davon ab, wovon er/sie profitiert. Die Argumentation des Landgerichts Berlin kann durchaus für die Befürworter der Preisbremse nützlich sein, aber nur dann, wenn eine festgestellte Verfassungswidrigkeit zur Verbesserung und nicht zur Abschaffung führt. Beides ist möglich. Es wird auf die Schlagkraft der Mieter, ihrer Organisationen und ihrer Verbündeten ankommen.

Das Gericht führt den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG aus Sicht der Vermieter ins Feld und problematisiert, dass die Mieten in Deutschland sehr unterschiedlich hoch sind und damit Vermieter ungleich betroffen wären. Ausgehend vom Willen des Gesetzgebers, sozialpolitisch diejenigen Menschen mit geringerem Einkommen vor Verdrängung zu schützen, müsste dieser Wille sichergestellt sein. So argumentiert das Gericht und meint, dass diese Menschen auch in München bei Bestandsmieten um 11,- Euro kalt eine Wohnung mieten könnten – was sicherlich Quatsch ist. Das Gericht bemängelt diesbezüglich das Fehlen von Sozialdaten als Beleg. Dies macht den notwendigen Zusammenhang von Einkommen und Miethöhe deutlich. Zudem wird die Notwendigkeit einer absoluten Mietobergrenze angedeutet, wenn auch ungewollt.

Das Gericht bemängelt außerdem, dass dieses Gesetz nicht bundeseinheitlich gilt. Es kommt dann nicht zur Anwendung, wenn trotz knappen vorliegenden Wohnungsangebots landespolitisch anders entschieden wird. Der Wille des Gesetzgebers wird also durch einzelne Landesregierungen ausgehebelt. Weiterhin bemängelt das Gericht, das diejenigen Vermieter von der Preisintervention ausgenommen bleiben, die schon vorher über der Mietobergrenze vermietet haben. Als ob Verdrängung besser wäre, weil sie schon vorher stattgefunden hat. Dieser „Bestandsschutz“ wäre juristisch wohl angreifbar. Nur: die bestehende Regelung sanktioniert kaum Vermieter, die sich nicht daran halten. Das Gesetz ist also weder ein Tiger, noch hat es Zähne. Der Wille des Gesetzgebers war gar nicht da, eine tatsächlich wirksame Bremse zu installieren.

Der Kampf gegen diejenigen, die die Bremse abschaffen wollen, wird auf uns zukommen, dafür wird die Vermieterlobby schon sorgen. Dass wir ihn führen müssen, zeigen die immer weiter steigenden Mieten – fast überall. Etwa 40 Prozent der Haushalte in Deutschland müssen mehr als 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Miete aufwenden. Diese Höhe gilt als soziale Schallmauer: wer mehr von seinem Einkommen für Miete bezahlen muss, hat zu wenig zum Leben.

Eine Preisbremse wäre ein Anfang, reicht aber nicht. Die Mieten müssen nicht nur gebremst werden, sie müssen spürbar runter. Das ist nur möglich, wenn die öffentliche Hand selber baut und bewirtschaftet, und zwar dauerhaft. Dafür müssen die kommunalen Wohnungsbauunternehmen wieder mehr in die Pflicht und zwar ohne ÖPP oder sonstige Konstruktionen.

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"Mietpreisbremse – zahnlos", UZ vom 6. Oktober 2017



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