Schlechte Ausstattung und kaum Personal: Bildungsbarometer zeigt wachsende Unzufriedenheit

Miese Noten für Schulen

Tim Carlitscheck

Bereits zum zehnten Mal veröffentlichte das ifo-Institut das sogenannte Bildungsbarometer. Das ifo-Institut ist keine wissenschaftliche Einrichtung, sondern ein eingetragener Verein, der von dem sich selbst als „ordoliberal“ bezeichnenden Clemens Fuest geleitet wird. Trotzdem liefert es regelmäßig Studien zum Bildungsbereich.

Die Ergebnisse des diesjährigen Bildungsbarometers dokumentieren eine gewachsene Unzufriedenheit mit der Schulpolitik. Von den bundesweit 5.636 Personen, die Mitte dieses Jahres befragt wurden, bewerteten nur 27 Prozent die Schulen in ihrem Bundesland mit „gut“ oder „sehr gut“, der tiefste jemals gemessene Wert. Vor zwei Jahren waren es noch 37 Prozent. Ähnlich ist die Bewertung der Schulpolitik. Der Anteil derjenigen, die „unzufrieden“ beziehungsweise „eher unzufrieden“ mit der Schulpolitik waren, stieg von 45 auf 58 Prozent.

Als Ursache für die Verschlechterung der Schulqualität werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie benannt, vor allem sind es jedoch strukturelle Probleme wie der Lehrerinnen-und-Lehrer-Mangel und die mangelnde finanzielle Ausstattung der Schulen. Besonders bei Letzterer sehen die Befragten einen dringenden Handlungsbedarf und die Bereitschaft „zu höheren Bildungsausgaben ist im Vergleich zu anderen staatlichen Ausgabenbereichen mit Abstand am größten (…) Eine eindeutige Mehrheit von 74 Prozent stimmt dafür, dass der Staat mehr für Bildung ausgeben sollte – auch wenn explizit darauf hingewiesen wird, dass höhere Staatsausgaben gegebenenfalls durch Steuererhöhungen finanziert werden müssen.“

Als weitere drängende Probleme werden das unzureichende Reformtempo und der mangelhafte bauliche Zustand der Schulen und deren Ausstattung mit digitalen Geräten genannt.

Zu der Frage, wie die Politik diese Probleme lösen soll, äußerten die Befragten klare Vorstellungen: eine Vergrößerung von Klassen und den Einsatz von sogenanntem Hybrid­unterricht, bei dem eine Lehrkraft gleichzeitig zwei Klassen an verschiedenen Schulen unterrichtet, wobei abwechselnd eine Klasse digital zugeschaltet wird, wird vehement abgelehnt. Große Zustimmung hingegen finden Maßnahmen wie die Nachqualifizierung von Lehrkräften in sogenannten Mangelfächern, die aufgrund von Personalmangel nicht oder nicht ausreichend angeboten werden können, die Einstellung von Personal, die Entlastung von Lehrkräften von organisatorischen Aufgaben und der Einsatz von Lehramtsstudierenden an Schulen. Eine wachsende Zustimmung findet auch eine Verbesserung der Gehälter von Lehrerinnen und Lehrern. Ebenfalls sehr populär ist eine bundesweite Vereinheitlichung der Lehrerausbildung.

Das Bildungsbarometer zeigt, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung eine bessere Ausstattung der Schulen und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Lehrern wünscht. In eine ganz andere Richtung weisen die Ideen des „Welt“-Autors Alan Posener: Die Lösung aller Probleme im Schulsystem sei die vollständige Privatisierung des Schulwesens, kommentierte er Ende August. Nicht weniger als „eine antifeudale Revolution an der deutschen Schule“ fordert Posener und das Recht jedes Kindes, eine Privatschule besuchen zu können. Weiter wünscht er sich einen Wettbewerb von Schulen untereinander, bei dem die staatliche Finanzierung von den Erfolgen – sprich: Noten – abhänge. Posener möchte das staatliche Bildungswesen Profitinteressen unterwerfen, denn zuletzt hat der Zuzug zu bereits bestehenden Privatschulen nachgelassen. Dabei zeigen Studien, dass Privatschulen zwar keine besseren Leistungen produzieren, dafür aber sozial hoch selektiv sind. Daher geht es den Privatisierungsfreunden wie Posener nicht darum die Bildungschancen für alle zu verbessern, sondern neue Profitquellen zu schaffen, zumindest so lange, bis das Schulwesen komplett ruiniert ist. Dann wird man nach dem Staat rufen, der mit viel Geld die Schulen wieder aufbauen muss.

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"Miese Noten für Schulen", UZ vom 15. September 2023



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