Über die Demobilisierung der IG Metall München bei einer Friedenskundgebung

Menschenskinder

Gretl Aden

„Soziales rauf – Rüstung runter“ war die Losung, unter der die Gewerkschaften ver.di und GEW am 12. Oktober in München zum Widerstand gegen die Kriegstreiberei aufgerufen haben. Man sollte meinen, jeder, der auf eine öffentliche soziale Infrastruktur angewiesen ist, also die gesamte Arbeiterklasse, und nicht will, dass ein immer größerer Anteil der Steuern in Aufrüstung und Kriegsvorbereitung verpulvert wird, könne sich dem anschließen. Doch dem ist offensichtlich nicht so. Schon im Vorfeld hatten Betriebsräte aus Rüstungskonzernen auf der Delegiertenversammlung der IG Metall München gegen die Forderung „Rüstung runter“ argumentiert und so dafür gesorgt, dass die IG Metall nicht mit zur Kundgebung aufgerufen hat. Von 150 Kolleginnen und Kollegen stimmten nur 11 für die Beteiligung an der Demonstration, 11 enthielten sich, der große Rest stimmte dagegen. Die Mehrzahl der Delegierten stellten BMW und MAN, die größten Metallbuden in München. Wenn die Delegierten aus den Rüstungsbetrieben gegen die Beteiligung an einer gewerkschaftlichen Friedensaktion stimmen, haben sie die Sicherung „ihrer“ Arbeitsplätze im Kopf. Angesichts einer Weltlage, die den Dritten Weltkrieg in sich trägt, ist das zumindest kleinkariert.

Rüstungskonzerne gibt es in München und Umgebung mehr als genug. Ein erheblicher Teil der größten deutschen Waffenschmieden konzentriert sich hier. Da ist zum Beispiel der Panzerbauer KNDS, ein Zusammenschluss von Krauss Maffei Wegmann und dem französischem Rüstungskonzern Nexter, in Allach. Eine S-Bahn-Station weiter ist das Joint Venture Rheinmetall MAN Military Vehicles in Karlsfeld, in dem die verschiedensten Sorten von kriegstauglichen Radfahrzeugen hergestellt werden. Gleich daneben hat MTU seinen Sitz, das Triebwerke für alle möglichen Kampfflugzeuge produzieren lässt. In Taufkirchen findet man Hensoldt, dessen Eigner ihren Profit mit dem Verkauf sogenannter Verteidigungs- und Sicherheitselektronik realisieren. Etwas weiter entfernt, in Manching, befindet sich die Rüstungsschmiede Airbus Defence and Space, in der über 5.000 Arbeiter unter anderem die Endmontage des Eurofighter durchführen. In Schrobenhausen hat MBDA seinen Sitz, dessen bekanntestes Produkt derzeit der Marschflugkörper Taurus sein dürfte, der mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern von der Ukraine aus weit in russisches Land eindringen könnte.

Aufrüstung bedeutet noch mehr Rüstungsaufträge für diese Firmen, bedeutet sprudelnde Profite und Reichtum für die Kapitaleigner. Für die gesamte Kapitalistenklasse ist sie nichts anderes als Kriegsvorbereitung, um den Kampf um Absatzmärkte, Rohstoffe und Einflussgebiete zur Absicherung ihrer Profite auch militärisch führen zu können. Und für die in der Rüstung beschäftigten Arbeiter? Wer nur an das Heute denkt, für den bedeutet Aufrüstung einen sicheren Lohn, um Lebensmittel, Miete und die Versorgung der Kinder bezahlen zu können. Schon morgen oder übermorgen wird sie für alle Arbeiter und ihre Kinder nur der Vorbote von Gestellungsbefehlen, Zerstörung der Häuser und Fabriken, Hunger, Tod und Verwüstung gewesen sein. Rund 1.500 Gewerkschafter und Kriegsgegner haben an der Kundgebung von ver.di und GEW teilgenommen. Menschenskinder, Kolleginnen und Kollegen, das kann doch nur ein Anfang sein, das müssen Hunderttausende werden! Sich gegen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zur Wehr zu setzen ist lebensnotwendig, egal wo man arbeitet.

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"Menschenskinder", UZ vom 1. November 2024



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