Memorandum-Gruppe für andere EU

Von LZ

„Wir brauchen eine Europäische Union“, behauptet Mechthild Schrooten. Die Sprecherin der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ verwendet den unbestimmten Artikel und ergänzt ihree Behauptung mit der Feststellung, diese EU werde allerdings „nicht in Form der neoliberalen EU von heute“ gebraucht. Die Arbeitsgruppe legt schon seit 1975 jedes Jahr ein „Memorandum für eine wirksame und soziale Wirtschaftspolitik“ vor. Der Titel in diesem Jahr lautet „Statt ‚Germany first‘: Alternativen für ein solidarisches Europa“. Entsprechend arbeitet sich das Memorandum über weiter Strecken an der Frage EU und Euro, ja oder nein ab. Obwohl die Autorinnen und Autoren herausarbeiten, in welcher Weise die starken Länder, besonders Deutschland, den schwachen Ländern in der EU schaden und wie dementsprechend die Ungleichgewichte in den Leistungs- und Handelsbilanzen immer größer werden, beharren sie darauf, dass die EU notwendig sei und die Auflösung der Eurozone „keine sinnvolle Perspektive“ biete.

Die Argumente für den Erhalt und Ausbau des Staatenbündnisses sind im Memorandum allerdings kaum ausgeführt. Es heißt dagegen sehr bestimmt „… der Nationalstaat ist nicht in der Lage, die globalen Probleme der Wirtschafts- und Finanzkrisen, des Klimawandels, der Sicherheitspolitik, der Migrationsbewegungen und des Terrorismus zu bewältigen.“ Es wird darauf hingewiesen, dass auch das Verlassen des Euro und damit die Verfügung über eine eigene Währung ein Land nicht allein dauerhaft „wettbewerbsfähig“ mache. Zudem sei ein Land außerhalb von Euro und EU unverändert der Willkür des Finanzmarktes ausgeliefert. Zwiespältig ist die Haltung der Memorandum-Gruppe zum Freihandel und zu Freihandelsabkommen. So werden die Abkommen der EU mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) abgelehnt. Das aber vor allem, weil sie „keine fortschrittliche Antwort auf Protektionismus“ sei, wie er von US-Präsident Trump vertreten werde. Entsprechend sind nach Auffassung der Memorandum-Gruppe das Freihandelsbündnis EU und der Vertrag zur Freiheit des Kapitalverkehrs, den die EU darstellt, sowie der Wettbewerb um die Gunst des Kapitals innerhalb der EU nicht als solche nachteilig für kleinere und schwächere Staaten. Vielmehr brauche die Welt „gerade nach dem Amtsantritt von Trump weniger Nationalstaat und mehr internationale Kooperation sowie internationale Organisationen wie die EU …“

Die Memorandum-Gruppe stellt „sieben Säulen einer radikalen Euro-Reform“ vor. Dies sind: 1. Ein Ende der Austerität. Stattdessen expansive Fiskalpolitik und europäische Investitionsprogramme. 2. Eine europäische Ausgleichsunion. Darin sollen sich die Staaten verpflichten, darauf hinzuwirken, dass die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte nicht höher als drei Prozent am BIP ausfallen dürfen. 3. Die gemeinschaftlich Aufnahme von Schulden. 4. Wege zu einer europäischen Sozialunion. Gemeint sind korrigierende Maßnahmen bei Arbeitsmarkt, Beschäftigung und sozialen Sicherungssystemen und eine „europäische Offensive zur Arbeitszeitverkürzung“. 5. Schärfere Finanzmarktregeln und eine schlagkräftigere Steuerpolitik. 6. Eine koordinierte Wirtschafts-, Geld- und Fiskalpolitik. 7. Eine europaweite Demokratisierung der Wirtschaft.

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"Memorandum-Gruppe für andere EU", UZ vom 12. Mai 2017



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