Das linke Wahlbündnis Neue ökologische und soziale Volksunion (NUPES) liegt nach dem ersten Wahlgang der Parlamentswahl in Frankreich fast gleichauf mit der bürgerlichen Koalition „Ensemble!“ des Präsidenten Emmanuel Macron. Offiziellen Zahlen zufolge kam NUPES auf 25,66 Prozent, „Ensemble!“ auf 25,75 Prozent. Die Zahlen sind allerdings verzerrt: Das Innenministerium zählt zwei erfolgreiche Kandidaten von NUPES zur Gruppe „Verschiedene Linke“. Auf die beiden entfielen 44.420 Stimmen. Tatsächlich liegt NUPES also mit 26,1 Prozent knapp vor Macrons Bündnis.
Für Macron ist das eine herbe Niederlage. Noch nie in der Geschichte der Fünften Republik hat ein frisch gewählter Präsident die Wahl zur Nationalversammlung verloren, die sechs Wochen nach der Präsidentschaftswahl stattfindet.
Sein Wahlbündnis, die rechten Parteien und sämtliche bürgerliche Medien Frankreichs hatten mit einer harten Schmutzkampagne versucht, einen Wahlerfolg von NUPES zu vereiteln. Sie stellten Jean-Luc Mélenchon als „gefährlichen Populisten“ dar.
Trotz des Erfolges von NUPES, einem Bündnis aus Jean-Luc Mélenchons Partei „La France insoumise“, der Französischen Kommunistischen Partei (PCF), den Grünen (EERV) und der sozialdemokratischen Parti Socialiste (PS), ist es unwahrscheinlich, dass das Bündnis im zweiten Wahlgang am 19. Juni die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung bekommt. Die rechten Kandidaten in der Stichwahl werden es leichter haben, die Stimmen ausgeschiedener Kandidaten auf sich zu vereinen, als die linken, die ohne direkte politische Konkurrenz im ersten Wahlgang angetreten waren. Kandidaten von NUPES treten in 406 Wahlbezirken zur Stichwahl an. NUPES kann ihr Ziel, stärkste Kraft im Parlament zu werden, nur noch erreichen, wenn es ihren Kandidaten gelingt, viele Nichtwähler zu aktivieren.
Die faschistische Partei „Rassemblement National“ von Marine Le Pen wurde mit 18,68 Prozent drittstärkste Kraft. Die konservativen Républicains kamen auf 10,42 Prozent, Eric Zemmours faschistische „Reconquête!“ auf 4,24 Prozent.