Versuche, die Pressefreiheit in Deutschland zu beschneiden und die Friedensbewegung zu kriminalisieren, sind in der letzten Aprilwoche erfolgreich abgewehrt worden.
In Kiel hatte der Journalist Patrik Baab gegen den Widerruf seines Lehrauftrags für praktischen Journalismus durch die Christian-Albrechts-Universität (CAU) geklagt und gesiegt. Baab war im September 2022 zu Recherchezwecken für ein Buchprojekt in den Volksrepubliken des Donbass unterwegs gewesen. Der Aufenthalt fiel in die Zeit, in der dort Referenden über einen möglichen Anschluss an die Russische Föderation stattfanden. Das Onlineportal „t-online“ berichtete als erstes Medium in Deutschland über Baabs Aufenthalt und nannte ihn zusammen mit anderen einen „Wahlbeobachter“. Die CAU ging auf Distanz und kündigte den Lehrauftrag.
Wie das Onlineportal „Hintergrund.de“ berichtet, wies der Vorsitzende Richter in Schleswig ausdrücklich darauf hin, dass Baab seinen Lehrauftrag für seine Haltung bekommen habe, „sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen“. Nun distanziere sich die CAU, dabei könne man einem Journalisten eine Recherchereise nicht untersagen. Die Hintergründe der Reise seien vor der Entscheidung der Universitätsleitung nicht vollumfänglich aufgeklärt worden. Der Hochschule wurde auch untersagt, eine Stellungnahme zu verbreiten, in der sie sich von dem Journalisten distanziert. Baab zeigte sich laut „Hintergrund.de“ erfreut über das Urteil: „Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein hat damit die Pressefreiheit gestärkt. Ich danke der Kammer für die souveräne Vorbereitung und trennscharfe Durchführung der Verhandlung.“ Rechtskräftig ist der Richterspruch noch nicht, die beklagte Kieler Uni kann die Zulassung der Berufung beantragen. Unklar ist auch, ob Baab einen neuen Lehrauftrag erhält und im kommenden Wintersemester wieder angehende Journalisten unterrichten darf.
In Berlin hat sich der Friedensaktivist Heinrich Bücker vor dem Amtsgericht Tiergarten mit seinem Widerspruch gegen einen Strafbefehl über 2.000 Euro durchgesetzt. Die politische Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft hatte Bücker vorgeworfen, mit einer Rede auf einer Gedenkveranstaltung gegen Paragraph 140 des Strafgesetzbuches verstoßen und sich der Billigung von Straftaten schuldig gemacht zu haben. Bücker hatte anlässlich des Jahrestags des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die UdSSR darauf hingewiesen, dass Deutschland heute in der Ukraine die Nachfolger jener faschistischen und russophoben Kräfte unterstütze, mit denen die Nazis bereits während des Zweiten Weltkrieges kooperiert hatten – Stichwort etwa Stepan Bandera, dem zu Ehren in der Ukraine heute Denkmäler gesetzt und Fackelmärsche veranstaltet werden. Bücker sprach sich gegen Waffenlieferungen und eine weitere Eskalation des Stellvertreterkrieges gegen Russland aus. Seine Aussagen hätten das „Potenzial, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima der Bevölkerung aufzuhetzen“, hieß es in der Begründung der ursprünglich verhängten Geldstrafe.
In seiner ausführlichen, von der Richterin wiederholt unterbrochenen Einlassung verwies Bücker auf die politische Dimension seiner Kriminalisierung: „Würde ich hier schuldig gesprochen werden, so stellte dies einen außerordentlichen Verstoß gegen Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes dar. Dort ist festgeschrieben, dass jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“
Der Freispruch erfolgte mit dem ausdrücklichen Hinweis der Richterin, dass Bückers Zuschreibungen des Ukraine-Krieges falsch seien, Russland einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ führe und „Putin ein Kriegsverbrecher“ sei. Das Potential der Rede, „das psychische Klima der Bevölkerung aufzuhetzen“, sei allerdings aufgrund des begrenzten Zuhörerkreises im Treptower Park nicht gegeben – Bücker habe ja nur seine „Fans“ erreicht, aber „kein einziger Ukrainer“ sei anwesend gewesen, so die Richterin wörtlich.
Bückers Rechtsbeistand sprach gegenüber der Tageszeitung „junge Welt“ von einem „Pyrrhus-Sieg“, der allein auf der angeblichen Unbedeutendheit des Ortes der Rede fuße. Prozessbeobachter der Initiative „Meinungsfreiheit verteidigen“ begrüßten den Freispruch für Bücker, gleichwohl sei der Prozessverlauf eine „juristische Farce“ und die Urteilsbegründung „kein Grund zum Feiern“. Tatsächlich dürfte der Freispruch der internationalen Aufmerksamkeit geschuldet sein, die der Berliner Kriminalisierungsversuch in den vergangenen Wochen erhalten hatte. Klar ist, der Kampf um freie Meinungsäußerung muss weitergehen.