Samstag, 11. Juli
Ephgenia ist sauer. Siebzehn waren nicht da, sagt sie in bestem Deutsch, sie haben Alexis im Stich gelassen. Sie meint die Abgeordneten der Syriza, die ihrem Ministerpräsidenten Tsipras das Verhandlungsmandat für den morgigen Sonntag in Brüssel verweigert haben. Der jungen Empfangsdame in unserem Hotel ist das Schwanken zwischen Ochi und Nai, Nein und Ja, egal. Sie will, dass Griechenland im Euro bleibt und dass das Kaputtsparen endlich aufhört. Ob das zusammen geht?
„Es ist genug“, sagt sie. Zehn Stunden täglich arbeitet sie, nur einen Tag hat sie frei. Dafür bekommt sie 800 Euro brutto. „Wie soll ich davon leben?“, fragt sie zu Recht. In den folgenden Tagen können wir feststellen, dass das Preisniveau zumindest in Korfu Stadt französischen Verhältnissen entspricht.
Noch eins macht Ephgenia richtig wütend. Die Berichterstattung der privaten Fernsehsender in ihrem Land. Verächtlich zeigt sie auf den laufenden Fernseher im Empfangsraum. Nichts als Lügen höre man von den vier Privaten, die 95 Prozent des griechischen TV-Marktes kontrollieren – zumindest war das bis jetzt so.
Sonntag, 12. Juli
Glühendheiß ist hier der Tag, an dem in Brüssel über die Zukunft des Landes verhandelt wird.
Vom Hafen wandern wir immer der Küste entlang Richtung Süden, meist spenden Bäume Schatten, der die schon früh herrschende Hitze erträglich macht. Von hinten nähern wir uns dem Amtssitz des englischen Gouverneurs, der später zum Stadtpalast der griechischen Könige wurde. Uns fällt auf, dass der Hinterausgang unmittelbar zu einer gut ausgebauten Schiffsanlegestelle führt. Praktisch für Gouverneur und König – Schwups ist man verschwunden, wenn vor der Hütte Volksaufstände drohen sollten.
Malerisch liegt links die alte Festung. Davor steht das Denkmal des deutschen Feldmarschalls von der Schulenburg, der vor ziemlich genau 300 Jahren Korfu erfolgreich gegen die türkische Flotte verteidigt hat – im Auftrag der Serenissima von Venedig. Seine Statue ist schneeweiß und unversehrt, kein Arm ist abgeschlagen, kein Ochi ist aufgesprüht. Solche Graffiti finden wir auf unserem weiteren Weg reichlich – allerdings ausschließlich auf „öffentlichen“ Wänden.
Nach 500 Metern kommen wir am Honorarkonsulat der Schweiz vorbei. Das einst stolze Gebäude ist ziemlich heruntergekommen; in amüsantem Kontrast prangt an der Stirnseite sauber und ordentlich das Schild mit dem Schweizer Wappen. Ob das die Regierung in Bern weiß?
Nach einer knappen Stunde erreichen wir unser Ziel, den Strand von Mon Repos unterhalb der einstigen königlichen Sommerresidenz. Hier liegt ein wunderbares Strandbad, wo vornehmlich Griechen sich unter schattigen Platanen vom Stress der Woche erholen. Eintritt 1,50 Euro. Ab Mittag ist die angeschlossene Taverne rappelvoll. Hier lässt es sich leben.
Montag, 13. Juli
Zumindest die Hauptfiliale der Alpha-Bank in Korfu Stadt hat heute morgen, nach der Nacht von Brüssel, geöffnet. Ansonsten läuft das touristische Leben weiter wie ein Hahn, dem es egal ist, ob der Kopf noch dran ist oder nicht.
Morgen geht es mit Schiff und Bus zuerst nach Ioannina und dann Thessaloniki. Dort schwebt keine Touristenglocke über dem Leben. Und wir werden uns hoffentlich ein genaueres Bild über die Lage nach der Entscheidung in Brüssel machen können.