Dienstag
Schon vor reichlich vierzehn Tagen haben die Spatzen auf den Dächern dieser Welt einvernehmlich das Pfeifen eingestellt. Da wusste wirklich jede/r, dass der Absturz der russischen Passagiermaschine über der Sinai-Insel auf eine Bombe des IS zurückzuführen war. Mit eben dieser „brühwarmen“ Erkenntnis überrascht uns heute der russische Inlandsgeheimdienst FSB.
Jetzt will der FSB die IS-Terroristen jagen. Die werden deswegen nicht schlechter schlafen – solange der FSB die bislang bewiesene Findigkeit auch weiterhin an den Tag legt.
Mittwoch
Der Paragraf 93 Abs. 1 des Strafgesetzbuches definiert Staatsgeheimnisse als Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind („Geheimhaltungsfähigkeit“) und vor einer fremden Macht geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden („Geheimhaltungsbedürftigkeit“).
Das klingt bedeutungsschwer. So ein Staatsgeheimnis zu ergattern, kann nicht so einfach sein – sollte man denken.
Einen etwas anderen Eindruck bekommt der Besucher des Prozesses gegen einen 32-jährigen Münchner, dem die Bundesanwaltschaft vorwirft dem 32-jährigen Münchner, zwischen Januar 2008 und Juli 2014 „Mittelsmännern einer fremden Macht“ (dem US-Geheimdienst CIA) Staatsgeheimnisse verraten und dadurch „Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik“ herbeigeführt zu haben.
Markus R. war Büroangestellter in der Personalabteilung des Bundesnachrichtendienstes. Man sollte meinen, dass er diese Tätigkeit auch zufriedenstellend hätte ausfüllen können, wenn er keinen Zugang zu „Staatsgeheimnissen“ gehabt hätte. Davon soll er den Amis jedoch reichlich („300 Dokumente“) zugespielt haben. Auslöser seiner staatsgefährdenden Aktivitäten seien Langeweile und Frust im Job, seine Motivation Abenteuerlust gewesen; aufs reichliche Geld aus USA wird er nicht gespuckt haben.
Der Vorgang mit den vielen Staatsgeheimnissen wirft vor allem ein bezeichnendes Bild auf die Zustände beim Bundesnachrichtendienst. Die Geheimnisträger qua Beruf gehen mit Geheimnissen anscheinend um wie der billige Jacob mit den Bananen; immer raus damit und im Dutzend sind sie billiger.
Donnerstag
Ein höfliches Verwaltungsgericht da in Stuttgart: Das Vorgehen der Polizei gegen Stuttgart-21-Gegner im Herbst 2010 war nicht rechtmäßig, überzogen, da sei wohl „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“ worden. Die sieben Kläger (und die vielen Verletzten) haben recht bekommen von den freundlichen Richtern. Beklagter war das Land Baden-Württemberg. Das kann sich jetzt entschuldigen, wenn es will. Die Richter waren halt höflich nach allen Seiten.
Die Verletzten müssen jetzt Schadenersatz geltend machen. Da wird es dann wohl vorbei sein mit der Höflichkeit – bei Richtern und bei der Landesregierung.
Freitag
Der Bundestag – vertreten durch seine Verwaltung – weigert sich, die Namen der hunderten oder tausenden Lobbyisten zu nennen, die im Reichstag ein- und ausgehen. Das wird er vielleicht bald tun müssen, wenn es nach dem Oberverwaltungsgericht Berlin geht.
Die Namen aller Lobbyisten werden wir trotzdem nie erfahren. Dann treffen sie sich eben im Adlon oder der „Ständigen Vertretung“ – „unsere“ Abgeordneten und „ihre“ Lobbyisten, das Essen und der Wein eh besser als in der Bundestagskantine.