Nachdem ver.di im Prozess um die gegen den Gewerkschafter Orhan Akman ausgesprochenen Kündigungen eine weitere Niederlage erlitten hat (UZ vom 14. Juli), meldet sich Akman nun in einer Stellungnahme „In eigener Sache“ zu Wort, die wir an dieser Stelle dokumentieren. Darin erläutert er sein weiteres Vorgehen bis zum ver.di-Bundeskongress und bekräftigt, dass er zum ver.di-Bundesvorstand kandidieren will.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde,
für Eure Unterstützung und Solidarität der letzten Monate will ich mich erneut herzlich bedanken. Denn ohne Eure Unterstützung und Solidarität wäre es schwer gewesen, sich gegen all diese arbeitsrechtlichen Maßnahmen vom Vorstand unserer Gewerkschaft ver.di zur Wehr zu setzen.
Am 5. Juli 2023 musste nun auch der ver.di-Bundesvorstand vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg zur Kenntnis nehmen und verstehen, dass man gewerkschaftspolitische Konflikte und Meinungsverschiedenheiten wegen der notwendigen Neuausrichtung unserer Gewerkschaft nicht mit arbeitsrechtlichen Mitteln lösen kann, erst recht nicht mit „Verdachtskündigungen“.
Deswegen mein Dank an Euch alle. Insbesondere möchte ich mich bei meiner Anwältin Nihal Ulusan und vielen ver.di-Kolleg*innen bedanken, die mich kräftig unterstützt und bisher begleitet haben.
Vom 17. bis zum 23. September findet in Berlin der ver.di-Kongress statt. Meine Kandidatur als Bundesvorstandsmitglied halte ich aufrecht und werde mich dort bei den Delegierten mit meinem eigenen Programm zu der Neuausrichtung unserer Gewerkschaft zur Wahl stellen.
Das Arbeitsgericht hatte meine Klage gegen die Abberufung als Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel nach Ablauf der vierjährigen „Amtszeit“ aus zeitlichen Gründen für erledigt erachtet. Klar ist allerdings, dass die frühzeitige Abberufung im August letzten Jahres durch den ver.di-Bundesvorstand nicht rechtens war! Im Übrigen wurde die Abberufung zu keinem Zeitpunkt vom ehrenamtlichen Bundesfachgruppenvorstand Einzelhandel eingefordert oder beschlossen!
Meine Stelle als Leiter der Bundesfachgruppen Einzelhandel in ver.di wurde in diesem Jahr zwei Mal ausgeschrieben, nachdem meine „Amtszeit“ zum 15. Februar 2023 geendet war. Die erste Ausschreibung war im April und die zweite im Juni 2023. Beide Male habe ich mich auf diese Stelle beworben. In der Phase der ersten Ausschreibung gab es neben mir einen weiteren Kandidaten, den Kollegen Cosimo-Damiano Quinto, der sich ebenso auf diese Stelle beworben hatte.
Der gesamte Prozess des ersten Bewerbungsverfahrens wurde daraufhin gestoppt und zwar ohne, dass dies erforderlich gewesen wäre und ohne mit den beiden internen Bewerbern Auswahlverfahren durchzuführen. Dabei waren wir zunächst für Vorstellungs- und Auswahlgespräche eingeladen. Doch kurzfristig wurden wir beide wieder ausgeladen, ohne uns beiden hierfür eine Begründung mitzuteilen.
Sowohl mein Kollege Cosimo-Damiano Quinto als auch ich haben dagegen Beschwerden beim ver.di-Betriebsrat und beim Bereich Personal eingereicht. Diese Beschwerden sind Stand heute noch nicht bearbeitet und abschließend geklärt worden. Trotzdem wurde die Stelle erneut ausgeschrieben. Was war also der Grund der zweifachen Ausschreibung, obwohl es bei der ersten Ausschreibung gleich zwei interne Bewerbungen gab?
Da ich mich in nur zwei Monaten auf dem Kongress als Bundesvorstandsmitglied zur Wahl stelle, habe ich aufgrund der zeitlichen Situation meine Bewerbung als Bundesfachgruppenleiter zurückgezogen. Dies habe ich den ehrenamtlichen Gremien in dieser Woche schriftlich mitgeteilt. Denn sollte ich durch Gremium als Bundesfachgruppenleiter empfohlen und durch den Bundesvorstand bestätigt werden, wäre das faktisch für eine Dauer von zwei Monaten. Meine Bewerbung habe ich zu Gunsten meines Kollegen Cosimo-Damiano Quinto zurückgezogen und den Kolleg*innen meine Wahlempfehlung ausgesprochen.
Das Berliner Arbeitsgericht befasste sich zuletzt am 30. Juni 2023 mit meiner Klage gegen das Nominierungsverfahren auf der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz Handel vom 18. April 2023. Das gesamte Verfahren der Nominierung der Kandidatur für den Bundesvorstand einschließlich der Bundesfachbereichskonferenz war nach meinem Dafürhalten nicht demokratisch, weil es unter anderem keine Chancengleichheit im Wahlkampf gegeben hat. Deswegen habe ich diese Nominierung gerichtlich angefochten.
Der Richter teilte am 30. Juni mit, dass meine Klage ein ernstes Anliegen ist und verwies darauf, dass man das Berufungsverfahren wegen der Kündigungen vor dem Landesarbeitsgericht am 5. Juli 2023 abwarten möge. In der Begründung des Richters heißt es: Der „Kammertermin wird nur auf Antrag einer der Parteien anberaumt, wobei zunächst ein Beschluss der Kammer über den Rechtsweg ergehen wird.“ Damit bleibt der Weg offen, eine Klärung der Zuständigkeit und ggf. auch das Verfahren vor dem Arbeitsgericht zu führen.
Nun werde ich einen Antrag auf Fortsetzung dieser Klage einreichen, damit eine juristische Klärung herbeigeführt wird und ggf. dann die gesamte Nominierung wiederholt werden muss.
Es liegt in der Hand vom ver.di-Bundesvorstand, nun alle anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen, die allesamt ungerechtfertigt und unbegründet sind, zurückzuziehen. Das würde zum einen die Zusammenarbeit erleichtern und zugleich unseren Mitgliedern dienlich sein.
Mit dem LAG-Termin vorm 5. Juli sind die Kündigungen rechtsunwirksam geworden, weil der ver.di-Bundesvorstand die eigene Berufung zurückziehen muss. Damit bin ich weiterhin Beschäftigter von ver.di in der Bundesverwaltung. Der ver.di-Bundesvorstand bzw. der Bereich Personal haben sich noch nicht gemeldet, wann meine Freistellung von der Arbeit (ich bin seit Ende April 2023 einseitig durch den ver.di-Bundesvorstand freigestellt worden, weil sie mit ihrer Versetzung in einem anderen Ressort vor der Einigungsstelle scheiterten) endet und ich wieder arbeiten kann. In Falle einer Versetzung gegen meinen Willen werde ich alle rechtlichen Mitteln prüfen und ggf. dagegen vorgehen.
Das Verfahren wegen den beiden Ermahnungen aus dem letzten Jahr muss ich nun aufrufen, weil das Arbeitsgericht diese zunächst vertagt hatte. Auch gegen die vier Abmahnungen von ver.di, u.a. wegen einem Facebook-Post von mir und meiner Kritik an den ver.di-Tarifabschlüssen, werde ich nun Klage einreichen, damit diese aus meiner Personalakte entfernt werden.
Nun wird auch der BlnBDI meine Beschwerde wegen Deaktivierung meines Dienstnotebooks und Dienst-E-Mail durch den Bundesvorstand vom August 2022 auf die Agenda rufen. Hier geht es darum, warum während der Deaktivierungszeit fremde E-Mails auf meinem E-Mailaccount waren und ob auf meine Daten (darunter Daten von meiner geheimhaltungspflichtigen Aufsichtsratstätigkeiten und Schriftverkehr mit ver.di-Betriebsrat) zugegriffen wurde.
Das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ein Projekt des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, die eine „Beratungsstelle für Gleichbehandlung — gegen Diskriminierung“ betreibt) hatte nach einer Beratung mit mir ein insgesamt neunseitiges Beschwerdebrief an den ver.di-Vorsitzenden gerichtet (vgl. Auszüge aus der Beschwerde hier: www.orhan-akman.de/2023/05/beschwerde-des-antidiskriminierungsnetzwerks-berlin-an-den-ver-di-bundesvorstand/ ).
In der Zwischenzeit hat der ver.di-Bundesvorstand darauf schriftlich reagiert. Auch der ver.di-Betriebsrat hat dazu eine Stellungnahme abgegeben.
In Rücksprache und erneuerter Beratung mit den Kolleginnen von ADNB werde ich diese Beschwerde weiterhin verfolgen und entsprechend den ver.di-Bundesvorstand mit den Geschehnissen rund um die Diskriminierung konfrontieren. Rechtliche Schritte in dieser Angelegenheit behalte ich mir weiterhin vor.