Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) meldet: „Der einstimmige Beschluss der Mindestlohnkommission, den gesetzlichen Mindestlohn auf im Schnitt 9,27 Euro anzuheben, ist ein Erfolg. Für alle, die mit dem Mindestlohn zurechtkommen müssen, zählt jeder Cent (…). Die Beschäftigten werden nun an der guten Lohnentwicklung der letzten Jahre teilhaben.“ Von der Hans-Böckler-Stiftung des DGB hörte man hingegen am 24. April: „Mindestlohn reicht in den meisten Großstädten nicht zum Leben“. Und im DGB-Newsletter Klartext meldete der Gewerkschaftsbund (Mitte Juli): „Wirtschaft wächst dank Mindestlohn. Der seit 2015 in Kraft getretene gesetzliche Mindestlohn beweist sich als Erfolgsmodell.“
Das verstehe, wer kann, mein altes Gewerkschafter-Hirn kommt da nicht mit: Mit der vorgesehen Erhöhung bleibt der Mindestlohn ein Armutslohn, mit ihm werden auch in Zukunft hunderttausende Vollzeitbeschäftigte weiterhin auf staatliche Unterstützung angewiesen sein. Laut Deutscher Rentenversicherung liegen heute schon 48 Prozent der Renten unter 800 und 62 Prozent unter 1 000 Euro.
„Der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der Himmlischen Heere.“ (Bibel, Jakobus 5:4.) Doch der DGB überhört die Schreie.
Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB), fordert einen „Systemwechsel bei der Festlegung der Lohnuntergrenze in Deutschland“. Die derzeitige Handhabung ermögliche nur eine nachholende Anpassung in Trippelschritten. „Der Mindestlohn muss endlich auf eine andere Basis gestellt werden und mindestens 13,44 Euro für die geleistete Arbeitsstunde betragen.“ Mit einem solchen Lohn sei Leben in Deutschland möglich, für gutes Leben reiche es immer noch nicht. Dem kann ich als Gewerkschafter aus ganzem Herzen zustimmen.