Das Ergebnis des Bürgerentscheids in Singen über die Shopping-Mall: 7 813 Ja- und 5 502 Nein-Stimmen. Die Pro-Fraktion schaffte mit 21,6 Prozent damit auch das Quorum von 20 Prozent. Gegen die Pläne des „Großinvestors“ ECE sprachen sich 15,2 Prozent der Wahlberechtigten aus. Die Wahlbeteiligung lag wie befürchtet bei niedrigen 36,8 Prozent.
Triumphieren kann jetzt erst einmal der ECE, ein Ableger des Hamburger Otto-Konzerns. Die Weichen sind in der Hohentwielstadt endgültig für ein gigantisches Einkaufszentrum gestellt, das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur Teile des bestehenden Einzelhandels, seine Inhaber und Beschäftigten, in existentielle Nöte stürzen, sondern auch die Spielräume für eine bürgergerechte Stadtentwicklung empfindlich einengen wird. Den Hamburger Profitrittern ist es damit gelungen, der Stadt ihren Stempel aufzudrücken. Ihre professionell aufgezogene Propagandashow für grenzenlosen Konsum hat offensichtlich gefruchtet. Den Oberbürgermeister und eine erdrückende Gemeinderatsmehrheit (der mit 26 zu 3 für das Projekt votiert hatte) wussten sie dabei sowieso hinter sich.
Natürlich herrscht nach diesem Ergebnis erst einmal Enttäuschung. Doch auch nach der Niederlage ist eines festzuhalten: Der Bürgerinitiative „Für Singen“ und ihren Unterstützern ist es gelungen, viele Menschen für die Vision einer Stadt zu mobilisieren, in der nicht nur das neoliberale Credo des Marktes und des Konsums zählt, in der Platz für alle bleibt. Deutlich geworden ist, dass der Gemeinderat nicht die in der Stadt vorhandenen Meinungen widerspiegelt und sich über die Interessen und Wünsche eines nicht unbeträchtlichen Teils der Bevölkerung hinweggesetzt hat. Auch das macht das Ergebnis des Bürgerentscheids vom Sonntag deutlich, den es überhaupt nur wegen des Engagements von „Für Singen“ gegeben hat. Einer kleinen Gruppe aus Händlern, ver.di-Kolleginnen und -Kollegen, Mitgliedern von Grünen, Linken und DKP sowie Parteilosen ist es gelungen, eine Bresche in den neoliberalen Filz aus Oberbürgermeister, Gemeinderat, Fußballklub und ECE-Konzern zu treiben. Keine im Rathaus vertretene Partei hatte bei der letzten Kommunalwahl 41,3 Prozent erreicht. Dieses Wahlergebnis spiegelt keinesfalls das Abstimmungsverhalten im Gemeinderat wieder: hatten doch fast 90 Prozent der Gemeinräte für die Shopping-Mall gestimmt.
Das zeigt, wie notwendig öffentlicher Druck auf die Mandatsträger und die Stadtspitze ist. Daran gilt es jetzt anzuknüpfen, denn in Singen harren zahlreiche Baustellen ihrer Lösungen, hauptsächlich im Sozial- und dabei vor allem im Wohnungsbereich. Man sollte sie nicht dem Rathaus überlassen. In der Bürgerinitiative wird bereits über eine gemeinsame Liste zur nächsten Gemeinderatswahl diskutiert.