BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch hat die Forderung des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert nach Verstaatlichung des Autobauers und anderer Konzerne als „unbegreiflich“ zurückgewiesen. BMW habe mit der Familie Quandt einen Großaktionär, „der anders als etwa im amerikanischen Kapitalismus nicht die kurzfristigen Gewinninteressen in den Vordergrund stellt, sondern die langfristige Stabilität“.
Die UZ fragte nach bei Uwe Fritsch, dem Betriebsratsvorsitzenden bei VW Braunschweig, ob es zu diesem Modell keine Alternativen gibt
UZ: Bei VW ist nicht die Familie Quandt Hauptaktionär und das Land Niedersachsen hält einen Anteil. Wie macht sich das bemerkbar, was bedeutet das beispielsweise für die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze im VW-Konzern?
Uwe Fritsch: Hauptaktionär sind die österreichischen Familien Porsche und Piëch. Das Land Niedersachsen hält 20,01 Prozent der Stammaktien von VW und hat durch das VW-Gesetz und die Satzung gute Einflussmöglichkeiten. Sie werden unabhängig von den politischen Mehrheiten in Niedersachsen für eine aktive Wirtschaftspolitik genutzt, denn etwa 130000 Menschen sind direkt bei VW beschäftigt. Darüber hinaus hat auch die IG Metall und der Konzernbetriebsrat durch das VW-Gesetz erweiterte Mitbestimmungsrechte. Manchmal vergessen auch betriebliche Funktionäre der IG Metall, was in der Satzung im § 2 steht: die mögliche Vergesellschaftung der Schlüsselindustrie.
Heute gehört aus meiner Sicht die Autoindustrie zu den Schlüsselindustrien. In den nächsten Jahren stehen gerade in der Autoindustrie tiefgreifende Veränderungen an. Auch deshalb sind mehr öffentliche Anteile, mehr gewerkschaftlicher Einfluss und mehr Mitbestimmung notwendig.
Das Werk Braunschweig hat in jüngster Vergangenheit nur durch das VW-Gesetz und die Mitbestimmung gehalten werden können gegen die Angriffe von Wolfgang Bernhard, damals VW-Vorstandsmitglied, und Wendelin Wiedeking, damals Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und Mitglied im VW-Aufsichtsrat.
UZ: Wie habt ihr in Braunschweig die Höhen und Tiefen von Absatzkrisen bisher gemeistert?
Uwe Fritsch: Durch die umfassenden Informationsrechte können wir die Unternehmensstrategie aus Sicht der Mitbestimmung analysieren und bewerten. Wir haben als Betriebsrat und IG Metall die Strategie des Unternehmens und die grundsätzliche Entwicklung der Autoindustrie ausgewertet sowie die Auswirkungen auf den Standort und die Beschäftigung bewertet. Wir haben daraus eigene Aktivitäten und Vorschläge abgeleitet und in den jährlich stattfindenden Planungsrunden des Konzerns durchgesetzt.
Wir verstehen das als „qualifizierte Mitbestimmung“ und der Erfolg ist in der Anzahl der heute noch immer vorhandenen Anzahl von etwa 8 250 Arbeitsplätzen real sichtbar.