Wie weiter in Simbabwe?

Mehr Markt, weniger Korruption

Von Georges Hallermayer

Noch vor zwei Wochen bevölkerten zehntausende Demonstranten die Straßen von Harare und Bulawaya. Doch kein „oranger Frühling“ ist in Sicht – Deutsche Welle, CNN und der britische „Guardian“ bedauerten: Mit dem Übergangs-Präsidenten Emmerson Mnangagwa werde sich nicht viel ändern.

Dennoch – das „Krokodil“ Mnangagwa (so der Kampfname aus dem anti-rhodesischen Widerstand) setzte deutliche Zeichen und sagte der Korruption den Kampf an. Als erste Amtshandlung schickte er das alte Kabinett nach Hause und erließ ein Dekret, in dem er Amnestie all jenen zusagte, die tätige Reue zeigten und binnen drei Monaten veruntreutes Geld zurückgäben. Es wird sich zeigen, ob diese versöhnliche Geste angenommen wird. Außerdem verkleinerte Mnangagwa das Regierungskabinett um ein Viertel, von 29 auf 22 Minister. Von 25 stellvertretenden Ministern verbleiben nur noch sechs.

Der gewichtige Einfluss des Militärs zeigt sich an der Ernennung von Generalmajor Sibusiso Moyo zum Außenminister. Die BBC zitierte den Oppositionsführer und früheren Finanzminister Tendai Biti, der starke Worte der Enttäuschung äußerte, vor allem deshalb, weil ein weiterer Militär, Luftmarschall Perrance Shiri, die Landreform als Minister für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung fortsetzen will. Offen ist, ob und inwieweit er die von Biti vertretenen Forderungen nach Entschädigungen der weißen Landlords aufgreift. Schon einen Tag nach seiner Ernennung unterstützte Minister Shiri die fortschrittliche Land- und Industriearbeiter-Gewerkschaft PAAWUZ gegen einige Großfarmer, die versuchen, sich um Lohnzahlungen zu drücken. Die Unterstützung der ehemaligen Präsidentengattin Grace Mugabe und ihrer „G-40-king-pins“ aus der Regierungspartei ZANU-PF hatten sich die Großfarmer vor der Absetzung Robert Mugabes noch durch Bestechung gesichert.

Mitglieder aus dieser Fraktion von „Gucci-Grace“ Mugabe, die „Generation-40“, sind nicht mehr in der Regierung vertreten, mehrere Veteranen aus der Befreiungsbewegung ZNLWVA und aus der alten Regierung Mugabes allerdings schon. Wie unter Mugabe sind nur drei Frauen im Ministerrang Teil der Regierung.

Übergangspräsident Mnangagwa hat in seiner Antrittsrede am 24. November offensiv ökonomische Fragen angesprochen. Der Wiederaufbau des Landes erfordere die „Eingliederung von Elementen der Marktwirtschaft“, die „Ermutigung des Unternehmertums“ und er ergänzte: „Die Leute müssen Zugang zu ihrem Einkommen und Ersparten haben.“ Patrick Chinamasa wurde zurück ins Finanzministerium geholt, unter Mugabe schob man ihn ins neugeschaffene Ministerium für Cybersicherheit ab. Diese Personalie dürfte nicht nur für chinesische Investoren ein positives Zeichen sein. Es ist auch ein Signal an die drei bis fünf Millionen junger Menschen, die vor allem in Südafrika ihr Auskommen suchen, aber in Simbabwe gebraucht werden, um die Landwirtschaft zu entwickeln. 11 Mio. Hektar brachliegendes staatliches Ackerland warten darauf, bewirtschaftet zu werden, so Admos Chimhowu von der Universität Manchester. Während der Jahre 2009 bis 2013 trug die Landwirtschaft durchschnittlich nur 28,3 Prozent zum Bruttosozialprodukt bei. Die Übergangsregierung dürfte außerdem Weichen stellen, um die Abhängigkeit vom Rohstoff-Export (93,5 Prozent der Exporterlöse in den Jahren 2009 bis 2013) zu vermindern. Dazu gehört der Aufbau einer Agrarprodukte weiterverarbeitenden Industrie. Präsident Mnangagwa kann dabei auf die „Allwetter-Freundschaft“ einer engen Partnerschaft mit der VR China bauen.

Auch wenn der Schwerpunkt chinesischer Investitionen in Ostafrika darin liegt, die Gebiete von Kenia über Somalia und Äthiopien bis Dschibuti infrastrukturell an die maritime Seidenstraße anzubinden: Bis 2015 hat China fast 400 Mio. US-Dollar in Simbabwe investiert, über zehntausend Chinesen sind derzeit im Land tätig. Harare bekommt, wie die Afrikanische Union in Addis Abeba, ein Parlamentsgebäude für 46 Mio. Dollar als Geschenk.

Die Politik der „Indigenisation“ ausländischer Unternehmen, d. h. die Übertragung von 51 Prozent des Kapitals an simbabwische Anteilseigner, wird wohl entschärft werden. Das große Infrastrukturprojekt des zweispurigen Ausbaus der Autobahn von der Hauptstadt Harare zur südafrikanischen Grenze mit einem Umfang von 984 Mio. Dollar wird von chinesischer Seite unterstützt. 300 000 Jobs und eine Reduktion der Transportkosten um ein Viertel versprechen sich die Verantwortlichen davon.

Die Südafrikanische Kommunistische Partei SACP sieht die derzeitige Lage ähnlich dramatisch wie im Jahr 2000 und warnte in ihrem Beitrag „Lessons from Zimbabwe“ in der Parteizeitung „Umsebenzi“ davor, neoliberale Strukturanpassungsprogramme von Weltbank oder Weltwährungsfonds zu akzeptieren. Die Herausforderung sei, die „Befreiungsbewegung zu erneuern, in den Volksmassen zu verwurzeln und dahin zurückzukehren, den Bedürfnissen des Volkes zu dienen – mit erhöhter Aufmerksamkeit für die wirtschaftliche Transformation und den Kampf für Sozialismus“.

Oppositionelle aller Couleur – von Orange bis Blau – wetzen ihre Messer, um sich Sponsoren von „Freedom & Democracy“ anzudienen. Sie wollen mit ihrer Unterstützung in den bevorstehenden Wahlen obsiegen.

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"Mehr Markt, weniger Korruption", UZ vom 8. Dezember 2017



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