Über die Tarifforderung der IG Metall und weitergehende Kämpfe

Mehr Lohn geht vor

Christa Hourani, Nikos Papadopoulos und Benedict Kolbe

Die Forderungen der IG Metall für die kommende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie sind beschlossene Sache: 7 Prozent mehr Lohn für Ausgelernte und 170 Euro plus für die Auszubildenden. Gelten soll dieser Abschluss am liebsten für zwölf Monate. Der Trend zeigt hier allerdings in die andere Richtung. In den letzten Tarifrunden – sowohl im Metallbereich als auch beim öffentlichen Dienst und bei der Bahn – ging es in die Verlängerung. Der aktuelle Tarifvertrag hatte eine Laufzeit von stolzen 24 Monaten. „Stolz“ darauf konnte vor allem die Kapitalseite sein, die sich damit knapp zwei Jahre Ruhe ausgehandelt hatte.

Mit der langen Laufzeit wurde den Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie die Möglichkeit genommen, in der Hochzeit der Inflation entsprechende Lohnanpassungen zu verhandeln. Die 900.000 Beschäftigten hätten Grund genug gehabt, genau dies zu tun. Sie hatten 2022 für mehr Geld gestreikt – und entgegen aller Behauptungen bürgerlicher Ökonomen und Politiker fielen die Preise nicht schnell wieder auf das Niveau von 2017. Tatsächlich hält die Inflation bis heute an und ist sogar seit Dezember 2023 wieder angestiegen. Die aktuelle Inflation von 2,4 Prozent liegt im Vergleich zu den Vorjahren zwar deutlich niedriger. Aber auch aktuell ist es so, dass die Preise weiter steigen, nur nicht mehr so schnell – dafür allerdings von einem deutlich höheren Preisniveau aus.

In diesem Zusammenhang müssen die 7 Prozent betrachtet werden, die die IG Metall fordert. Zum einen sind sie bitter nötig, da die letzte tabellenwirksame Erhöhung schon lange zurückliegt. Auf das „Vorinflationsniveau“ wird aber auch diese Forderung die Löhne nicht bringen können. Denn seit 2018 gab es Preissteigerungen um 23,4 Prozent, der Lohn stieg dagegen nur um 12,8 Prozent. Deutlich ist – und so formuliert es auch die IG Metall –, dass die Kolleginnen und Kollegen dringend mehr Geld brauchen.

Manche hatten auf mehr gehofft. In der Befragung der Beschäftigten, die die IG Metall zur Vorbereitung der Tarifrunde durchgeführt hat (UZ vom 3. Mai), gab es für sie die Möglichkeit, ein Häkchen bei der Forderung nach „mehr als 8 Prozent“ zu setzen. Ähnliches gilt auch für die eigentlich hohe Forderung für die Auszubildenden, die manchen jungen Kolleginnen und Kollegen nicht reicht.

Trotz der Kritik ist vielen klar: Die Forderung wurde erhoben und muss jetzt durchgesetzt werden. Hierfür braucht es ein geschlossenes Auftreten der Gewerkschaftsmitglieder. Ob die große Motivation aus der letzten Tarifrunde die 24 Monate Friedenspflicht überlebt hat, wird sich zeigen. Die Forderung nach 7 Prozent mehr Lohn ist jedenfalls nicht per Gewerkschaftsdekret zu erreichen. Die Mobilisierung der Beschäftigten ist entscheidend dafür, was man dem Kapitalverband Gesamtmetall entgegensetzen kann. Dieser hat sich bereits in Stellung gebracht. Harald Marquardt von Südwestmetall lässt sich zum Beispiel mit den Worten zitieren, dass selbst eine Forderung von 0 Prozent zu hoch wäre. In anderen Worten: Lohnkürzung.

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Die Kapitalseite zur Ordnung rufen: Auch in dieser Tarifrunde sind wieder Angriffe auf das Streikrecht zu erwarten (Oelde, 10. November 2022). (Foto: Thomas Range)

Die Zeichen stehen also auf Konfrontation. Die Beschäftigten müssen darauf vorbereitet sein. Bei der Erstellung der Beschäftigtenbefragung wurde die Möglichkeit, die IG-Metall-Mitglieder dafür ins Boot zu holen und weitestgehend zu beteiligen, leider schon verpasst. Die Konzeption passte oft nicht zu dem, was sie sich gewünscht hätten. Auch die Auswertung der Befragung ist nicht überall auf Gegenliebe gestoßen. Die Erzählung von einem Gewerkschaftsvorstand, der die Basis ausbremst, ist sicherlich viel zu platt, um die Realität zu beschreiben. Doch es braucht eine stärkere Einbindung der Mitglieder, wenn in der Tarifauseinandersetzung mehr Kraft entfaltet werden soll.

Nach der Tarifrunde muss der Blick über den Lohnkampf hinaus geweitet werden. Die Themen, mit denen sich die Beschäftigten befassen müssen, sind zahlreich: Die Produktivkraftentwicklung schreitet voran und frisst die Arbeitsplätze auf. Die deutschen Monopole sind im internationalen Konkurrenzkampf auf hohe Profite angewiesen. Und vor allem: Deutschland soll kriegsfähig werden. Das bedeutet auch, dass die Metall- und Elektrobetriebe laufen müssen – am liebsten so günstig wie möglich. Ein langer Arbeitskampf, bei dem sich die Beschäftigten dem Spar- und Krisenzwang widersetzen, wäre ein Hindernis für den deutschen Kriegskurs. Wer Frieden will, muss die Beschäftigten in diesem Land gewinnen. Wer höhere Löhne will, muss langfristig den deutschen Monopolen den Frieden aufzwingen.

Wir laden alle DKP-Mitglieder aus dem Metall- und Elektrobereich zum Austausch und zur Planung von Aktivitäten in dieser Tarifrunde ein. Meldet euch zur Aufnahme in den Verteiler bei der Kommission Betrieb und Gewerkschaft des DKP-Parteivorstands: betrieb.gewerkschaft@dkp.de

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"Mehr Lohn geht vor", UZ vom 28. Juni 2024



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