Für den gestrigen Donnerstag – und somit nach Redaktionsschluss – war eine Abstimmung über die Neuregelung der Organspende im Bundestag geplant. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) wollen mit der „doppelten Widerspruchslösung“ das bisher bestehende Prinzip umkehren, dass Organentnahmen nur zulässig sind, wenn eine entsprechende Erklärung, zum Beispiel ein Organspendeausweis, vorliegt. Wer nicht widerspricht, ist dafür.
Eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping lehnt diesen Vorstoß ab und schlägt vor, die Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt anzusprechen.
Beide Vorschläge sollen dazu führen, dass die Organspendezahlen erhöht werden. Doch was sind die Gründe dafür, dass die Organspendezahlen so niedrig sind und nach aktuellen Angaben sogar weiter sinken?
Glaubt man einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, liegt die Zahl derer, die einer Organspende positiv gegenüberstehen, bei über 80 Prozent. Jetzt wäre es einfach, diese positive Haltung zu nutzen und Organspendeausweise zu bewerben, zu verteilen, auszulegen und die Entscheidung so konkret wie möglich zu machen, wie es der Vorschlag von Baerbock und Kipping vorsieht. Dem steht nur eines entgegen: Die Erfahrung, die wir mit unserem Gesundheitssystem machen. Wir wissen, dass das Personal im Krankenhaus oft keine Zeit hat und eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Gerade bei sensiblen Fragen fehlt oft ein offenes Ohr.
Wer die Zahl der Organspenden erhöhen und das Recht auf informierte Selbstbestimmung wahren will, der muss den Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen Entlastung bringen, damit sie Zeit haben und Verständnis zeigen können. Es braucht also mehr Personal für eine ethisch vertretbare Lösung, die die Spendebereitschaft erhöht.