Der 31. Parteitag der KP Uruguays bilanziert die Regierungsarbeit in der Frente Amplio

Mehr als der Gegner gern hätte

Von Günter Pohl

Unter dem Motto „100 Jahre Oktoberrevolution“ fand am vergangenen Wochenende in Montevideo der 31. Parteitag der Kommunistischen Partei Uruguays (PCU) statt. Mehr als 900 Delegierte debattierten, und auch Bruderparteien aus dem Ausland waren eingeladen. Die DKP hatte ein Grußwort gesandt, das auf „news.dkp.de“ dokumentiert ist.

Die PCU befindet sich seit 1971 im Parteienbündnis „Frente Amplio“ (Breite Front), das über die Jahre der Diktatur, den Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa und die Offensive des „Konsens von Washington“ zusammenblieb und 2004 mit Präsident Tabaré Vásquez von der Sozialistischen Partei erstmals die Regierung stellen konnte. Diese wurden bei den Wahlen 2009 mit José Mujica (Bewegung der Volksbeteiligung) und 2014 (wiederum mit Tabaré Vásquez) verteidigt. Dass die Zustimmung jeweils geringer war als 2004, verzeichnen die Kommunisten Uruguays durchaus. Aber der organisierte Volkskampf und die Taten der Linksregierung konnten verhindern, dass die brutalsten Auswirkungen der Kapitalismuskrise zu Lasten des Volkes gingen. Heute geht es bis zu den nächsten Wahlen in knapp zwei Jahren unter anderem um eine Stärkung der öffentlichen Investitionen und der kollektiven Tarifverhandlungen, Lohn- und Rentenerhöhungen als Mittel zur Reichtumsverteilung, Gemeineigentumsformen, produktive Selbstverwaltung, die Demokratisierung des Staatswesens, eine Gesundheitsreform, volksnähere Bildung, ein nicht gewinnorientiertes Sozialsystem sowie um Wohnungsbau.

Die PCU sieht in den Auseinandersetzungen mit den Konservativen und dem Kapital keine isolierten Momente, sondern einen historischen Gesamtprozess in der gesamten Gesellschaft, der tagtäglich vonstatten geht: „Das ist der Kampf um die Hegemonie, um die Macht.“ Die Partei hat eine strategische Route, indem sie einen Block aufbauen will, der politisch und gesellschaftlich von der Form her und demokratisch und radikal vom Inhalt und den Zielen her sein soll – dabei geht es um die fortschreitende Demokratie, die durch immer wieder neue Errungenschaften bei der Demokratiefrage vorwärts komme, mit Kurs auf den Sozialismus.

Der Parteitag, so die PCU, fand in einem Schlüsselmoment der Menschheitsgeschichte statt, wo „die Gefahren und die Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten enorm sind, wenn mit Kampf und politischer Initiative die Widersprüche zugunsten des Volkes aufgelöst werden können“. Der Kapitalismus befinde sich in einer Krise, und seine Hegemonie drohe die beiden wichtigsten Produktivkräfte, die Natur und die Menschen zu zerstören. Krise des Kapitalismus und Offensive des Imperialismus bei gleichzeitigen Antwortkämpfen der Völker bedeuten weltweit, aber auch auf dem Kontinent und eben auch in Uruguay eine Vertiefung der Klassenkämpfe. Nie wäre die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus objektiv notwendiger; aber zu konstatieren sei ein enormer Rückstand beim Aufbau einer Alternative. Deshalb sei, so die KP Uruguays, „eine kritische Bilanz unserer eigenen Erfahrung und der Kämpfe der Brudervölker zu leisten, aber wenn man dabei die Rolle des Imperialismus auslässt, verliert man die Perspektive und endet in der Kapitulation“.

Wenn man als kleines Land zwischen Brasilien und Argentinien liegt, muss man umso mehr darauf schauen, was sich in diesen riesigen Ländern ereignet. Die Regierungswechsel dort hat die „neoliberale Restauration“ genutzt, um mit den neuen Präsidenten Temer und Macri einen gigantischen Rückschritt bei Gleichheit und Freiheit, als soziale Verwüstung und demokratische Verwitterung zu inszenieren. Eben genau weil der Imperialismus spezielle Intensität in Lateinamerika an den Tag lege, verstehe man in der Konsequenz die Probleme der Prozesse in der Region und bleibe also solidarisch damit.

Der Parteitag war begleitet von einer Schmutzkampagne der Medien gegen die PCU; offen gelegt wurde abermals, dass auch „in der Demokratie“ die Generäle Spionage gegen die politische Linke durchführen konnten. Die Kommunistische Partei im kleinen Land am Río de la Plata ist bei alldem durchaus realistisch: „Wir sind viel zu wenige für das, was das Volk braucht. Und wir sind viel mehr als die Rechte und die Reaktion gern hätte!“

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"Mehr als der Gegner gern hätte", UZ vom 9. Juni 2017



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