Über zweieinhalb Monate lang haben Lkw-Fahrer der polnischen Mazur-Gruppe im hessischen Gräfenhausen für Löhne gekämpft, um die sie von der polnischen Mazur-Gruppe betrogen worden waren. Am Samstag haben die rund 80 noch streikenden Fahrer ihren Arbeitskampf beendet. Verhandlungsführer Edwin Atema erklärte, die Fahrer hätten einen Großteil der ausstehenden Löhne ausbezahlt bekommen. Wie viel genau, sagte er nicht. Nicht alles Geld sei aus Polen gekommen, außer Mazur gebe es noch andere Verantwortungsträger. Welche Kunden der Mazur-Gruppe in welcher Form an dem Kompromiss beteiligt sind, gab er nicht bekannt.
Zeitweise hatten sich bis zu 150 Fahrer an dem Streik beteiligt. Der Unternehmer Lukasz Mazur schulde ihnen mehr als 500.000 Euro, hieß es zuletzt. Eine Woche lang waren 30 der Fahrer sogar in einen Hungerstreik getreten (siehe UZ-Blog vom 21. September 2023). Mazur war mit absurden Vorwürfen juristisch gegen die Streikenden vorgegangen (siehe UZ-Blog vom 18. August 2023) und hatte sich erst am Freitag zu Verhandlungen bereit erklärt.
Atema dankte dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Am Montag hatte Bafa-Chef Torsten Safarik zusammen mit Mitarbeitern die Streikenden in Gräfenhausen besucht und Frachtpapiere untersucht. Safarik hatte festgestellt, dass Menschenrechte der Fahrer „eindeutig verletzt“ worden seien. „Dass das Bafa hier war, war ein riesiges Signal an die Industrie“, sagte Atema der FAZ.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Mitte September auf dem ver.di-Bundeskongress versprochen, eine Sonderprüfung des Bafa in Gräfenhausen zu veranlassen. Das Bundesamt kontrolliert die Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, das große Unternehmen verpflichtet, auf die Einhaltung grundlegender Arbeitsrechte bei Zulieferern zu achten.
Aus dem DGB-Bezirksverband Südhessen hieß es, für die Fahrer gehe „ein mutiger, langer und verzweifelter Kampf zu Ende“. Die Streikenden hätten nicht nur ihr Geld bekommen, sondern auch erreicht, dass die schlechten Arbeitsbedingungen in der Transportbranche in der Öffentlichkeit diskutiert werden, bilanzierte Edwin Atema gegenüber der taz.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell forderte auf X (früher twitter) „politische Konsequenzen auf allen Ebenen“. Polnische Behörden müssten Mazurs Transportlizenz dauerhaft entziehen.
Am Samstag morgen verließen viele der Lkw-Fahrer Gräfenhausen, nachdem sie Überweisungsbelege und die schriftliche Zusage Mazurs, seine Strafanzeigen gegen die Streikenden zurückzuziehen, erhalten hatten. Jetzt fange das Leben für die Fahrer wieder an, freute sich Edwin Atema.