Die spanischen Behörden haben den umstrittenen katalanischen Rapper Pablo Hasél festgenommen, der sich zuletzt in der Universität seiner Heimatstadt Lleida verbarrikadiert hatte. Der 32-jährige Künstler mit dem Geburtsnamen Pablo Rivadulla i Duró ist der Staatsmacht schon länger ein Dorn im Auge: Er ist bekennender Kommunist und nimmt, wie es sich im (Untergrund-)Hip-Hop gehört, weder inhaltlich noch in der Form ein Blatt vor den Mund. Daher ist er für Texte bekannt, die sich mit wenig zurückhaltender Wortwahl gegen Monarchie, Faschismus und Kapitalismus richten, aber auch gegen die angepasste „Linke“, während sie für die Arbeiterklasse, die Republik und die sozialistische Revolution Partei ergreifen.
Das geht freilich auch ins Provokative, da kommen dann schon mal der bourbonische Ex-König und Franco-Zögling Juan Carlos I. und eine revolutionäre Guillotine in einem Lied vor. Daneben scheut sich Hasél auch nicht davor, in seinen Texten mit der „Antifaschistischen Widerstandsgruppe 1. Oktober“ (GRAPO) oder der deutschen RAF zu sympathisieren – und das geht natürlich gar nicht im Postfranquismus. Daher wurde er von der Staatsmacht als linksextrem eingestuft, mehrmals verhaftet und zu verschiedenen Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt – unter anderem wegen „Terrorunterstützung“ sowie der Beleidigung des Königshauses und staatlicher Autoritäten. Die nunmehrige Festnahme fußt auf einem Urteil vom März 2018, als Hasél abermals neun Monate Gefängnis aufgebrummt wurden. Zu Beginn des Jahres 2021 wurde er aufgefordert, diese Strafe anzutreten, was er öffentlich zurückwies, nun folgte die gewaltsame Überstellung ins Gefängnis. Sofort kam es in verschiedenen Städten Kataloniens zu Protesten von tausenden Unterstützern Haséls, die von der Polizei massiv unterdrückt wurden.
Das gegenwärtige Vorgehen der spanischen Justiz gegen den kommunistischen Rapper gründet auf dem „Maulkorbgesetz“ der konservativen Regierung Rajoy aus dem Jahr 2015, das nebenbei auch das Demonstrations- und Versammlungsrecht einschränkte. Man dreht sich also im Kreis: Wer die staatliche Repression anprangert, muss mit weiterer Repression rechnen, auch wenn Sozialdemokraten und „Linke“ in Madrid an der Regierung sind. Hinzu kommt im Falle Haséls, dass seine Lieder und Gedichte nun mal künstlerische Werke sind, die Standpunkte inszenieren. Daher geht es hier nicht nur um die begrenzte Meinungsfreiheit der bürgerlichen Gesellschaft, die sich natürlich gegen revolutionäre Bestrebungen absichern will, sondern auch um deren Verständnis von Kunst und deren Freiheit. Denn das Gericht, das Hasél verurteilte, wertete seine Texte als Taten, als Aufruf zur Gewalt. Wie heikel das ist, zeigt auch die Unterstützung Haséls durch prominente spanische Künstler wie Pedro Almodovár, Antonio Banderas oder Javier Bardem. Der spanische Staat macht offenbar deutliche Rückschritte in die mittleren Teile des 20. Jahrhunderts – oder hat diese vielmehr nie richtig überwunden.
Es besteht kein Zweifel, dass die Repressionen gegen Pablo Hasél zu verurteilen sind – er muss freigelassen und freigesprochen werden. Dieser Forderung werden die Herrschenden in Madrid (wie in Barcelona) nicht entsprechen, denn es handelt sich insgesamt nun mal um ein kapitalistisches, imperialistisches und nationales Unterdrückungsregime, das auch noch auf einem monarchistischen und faschistischen Grund fußt. Eben das ist es, was Hasél thematisiert, gewiss provokant und radikal, aber eben auch so deutlich wie nötig. Auf welch wackeligen Beinen der spanische Staat steht, wird dadurch unterstrichen, welche Angst er offenbar vor einem marxistisch-leninistischen Untergrund-Rapper hat und ihn deshalb zum Schweigen bringen will.