DDR-Kabinett Bochum feiert 70 Jahre DDR

„Mauer nach Osten verschoben“

Von UZ

Mehr als 300 Besucherinnen und Besu­cher konnte Andreas Maluga vom Verein „DDR-Kabinett Bochum“ am 12. Oktober auf der Festveranstaltung zu „70 Jahre DDR“ in Berlin begrüßen. Maluga bezeichnete die DDR als „achtenswerteste Periode in der deutschen Geschichte“. Die DDR hätte zwar beim Konsum mit der BRD nicht mithalten können, es habe aber weder Bildungsnotstand noch Obdachlosigkeit gegeben.

Hauptredner war der ehemalige SED-Generalsekretär und DDR-Staatsratsvorsitzende Egon Krenz, der sich mit dem Zerrbild befasste, das Medien und Staat heute von der DDR zu vermitteln suchen. Um den Menschen die Unmenschlichkeit des „Unrechtsstaates“ DDR beizubringen, schreckten selbst Bundespräsidenten nicht davor zurück, Lügen zu verbreiten. So habe der damalige Bundespräsident Köhler vor zehn Jahren behauptet, dass die Regierung der DDR 1989 Panzer gegen Demonstranten in Leipzig habe einsetzen wollen. Es habe jedoch weder Panzer noch Schießbefehl gegeben.

Krenz verwahrte sich gegen die Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus, wie sie beispielsweise vom ehemaligen Bundespräsidenten Gauck gepredigt wird. Zur Konfrontationspolitik der Bundesregierung gegen Russland sagte er, dass die Berliner Mauer nach Osten verschoben wurde: Heute stehe sie nicht mehr zwischen NATO-Staaten und Staaten des Warschauer Vertrages, sondern zwischen NATO und Russland.


Aus der Rede von Egon Krenz

Beim Werden und Wachsen der DDR gab es Siege und Niederlagen, Freude und Enttäuschung – leider auch Opfer. So sehr ich diese bedauere, bleibt doch wahr: Die Geschichte der DDR ist keine Kette von Fehlern oder gar Verbrechen. Sie ist vielmehr die Geschichte eines Ausbruchs aus dem ewigen deutschen Kreislauf von Krieg und Krisen, eines Aufbruchs für eine tatsächliche Alternative zum Kapitalismus und einer Absage an Faschismus und Rassenhass, Antisemitismus und Russenphobie.

Es ist irre, die DDR nur von ihrem Ende her zu beurteilen. Es ist zudem eine Geschichtsfälschung, so zu tun, als wären die Leute im Herbst 89 schon für die Einheit Deutschlands auf die Straße gegangen. (…)

Wir haben 1989 eine Niederlage erlitten, eine bittere, die schmerzt – das ist wohl wahr.  Aber wir sind nicht aus der Geschichte ausgestiegen. So wie sie heute ist, diese Welt, wird sie nicht bleiben. Der Kapitalismus wird nicht das letzte Wort der Geschichte sein.

Und dann werden wir sehen, wer am Ende auf der richtigen Seite steht. Wir werden es wahrscheinlich nicht mehr erleben, aber spätesten seit Thomas Münzer gilt: Die Enkel fechten‘s besser aus. Diesen historischen Optimismus möchte ich mir gerne erhalten. Auch deshalb, weil es da noch weit im Osten ein Land gibt, das gerade den 70. Jahrestag seiner Volksrepublik gefeiert hat.

Unabhängig davon ist es aktueller denn je, endlich die Lebensleistungen der DDR-Bürger anzuerkennen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen, gleiche Renten für gleiche Lebensleistungen zu geben, die Strafrenten abzuschaffen und für alle Kinder und Jugendlichen Chancengleichheit zu schaffen. Der Artikel 1 des Grundgesetzes – die Würde des Menschen ist unantastbar – muss für alle Deutschen gelten, auch für diejenigen, die für die DDR arbeiteten, einschließlich der Mitarbeiter der Sicherheitsorgane. Ohne dies wird es noch Jahrzehnte dauern, bis die deutsche Einheit vollendet wird.

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"„Mauer nach Osten verschoben“", UZ vom 25. Oktober 2019



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