Über die Verweigerung der Ehrenbürgerschaft für Rotarmisten von R2G in Berlin

Massalow – Einer von vielen

Am 30. April 1945 rettete der 22-jährige Feldwebel der Roten Armee Nikolai Massalow unter Beschuss mitten in Berlin an der Potsdamer Brücke ein etwa dreijähriges Mädchen. Es saß weinend neben seiner toten Mutter am Ufer des Landwehrkanals und rief nach ihr. Seine Tat inspirierte den sowjetischen Bildhauer Jewgeni Wutschetitsch zu dem Denkmal des Befreiers, das 1949 im Treptower Park eingeweiht wurde. Am 76. Jahrestag der Tat Massalows, am vergangenen Freitag, berichtete das russische Nachrichtenportal SNA, dass der Gouverneur der sibirischen Bergbauregion Kemerowo, Sergej Ziwiljow, von der Referatsleiterin der Berliner Senatskanzlei Barbara Berninger ein Schreiben erhielt, in dem seine Bitte, Massalow wieder die Ehrenbürgerschaft der deutschen Hauptstadt zu verleihen, abgelehnt wurde.

Der Senat aus SPD, Grünen und „Die Linke“ setzt so fort, was mit antisowjetischen Schmierereien am 28. Dezember 1989 im Ehrenmal des Treptower Parks begann und mit einem Beschluss des damaligen CDU/SPD-Senats von 1992 ratifiziert wurde: So weit wie möglich das Andenken an die sowjetischen Soldaten, die 1945 Hitler und seinem letzten Aufgebot das Genick brachen, zu schänden und auszulöschen. Seit der Öffnung der DDR-Grenze am 9. November 1989 tobten sich antirussischer und antikommunistischer Hass auch wieder in der Hauptstadt der DDR aus. Der jetzige Senatsbrief nach Kemerowo, in den Kusbass, besagt: Dieser „Weststandard“ gilt bis heute. In Zeiten des Aufmarsches gegen Russland mehr denn je.

Die Ehrenbürgerliste für die Hauptstadt der DDR umfasste beim Anschluss an die BRD 22 Namen. Davon strich 1992 der damalige CDU/SPD-Senat 15. „Übernommen“ wurden Heinrich Zille, Otto Nagel, Anna Seghers, Sigmund Jähn, Waleri Bykowski, Wolfgang Heinz und Wieland Herzfelde. Gestrichen wurden Walter Ulbricht, Friedrich Ebert junior, die LDPD/FDP-Politikerin Wilhelmine Schirmer-Pröscher, der UdSSR-Diplomat Pjotr Abrassimow sowie elf sowjetische Befreier: Fjodor Bokow, Michail Jegorow, Meliton Kantarija, Iwan Konew, Alexander Kotikow, Nikolai Massalow, Michail Salamantin, Wladimir Semjonow, Wassili Sokolowski, Wassili Tschuikow und Nikolai Bersarin. „Eingedenk der Opfer der Berlin-Blockade, des 17 Juni 1953, der Mauer verbietet sich die Übernahme in die Gesamtliste“, begründete der Senat.

2003 gab es eine Korrektur: Nach langjährigem Protest erhielt der erste sowjetische Stadtkommandant Nikolai Bersarin wieder die Ehrenbürgerwürde. Es geht also.

Massalows Rettungstat und die anderer Rotarmisten kannte in der DDR jedes Kind, zunächst nicht aber seinen Namen. Den nannte erst Anfang der 60er Jahre der Held von Stalingrad, Marschall Wassili Tschuikow, der 1945 Augenzeuge gewesen war, in seinen Erinnerungen. Die „Komsomolskaja Prawda“ machte sich auf die Suche nach Massalow und fand ihn in einer Siedlung seines Heimatgebiets Kemerowo. Seine Bitte, nach dem kleinen Mädchen von 1945 zu forschen, versuchte die FDJ-Zeitung „junge Welt“ zu erfüllen – vergeblich.

Nikolai Massalow starb am 10. Dezember 2001. An seinem zweiten Todestag wurde an der Potsdamer Brücke eine Gedenktafel angebracht, die auf Deutsch und Russisch an das Geschehen vom 30. April 1945 erinnert. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete am Freitag, Gouverneur Ziwiljow wolle seine Bemühungen um die Ehrenbürgerwürde für Massalow fortsetzen. Er rechnet offenbar nicht mit der Rachsucht deutscher Regierender.

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"Massalow – Einer von vielen", UZ vom 7. Mai 2021



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