Über die EU

„Marshall-Plan“ fürs Kapital

Nachdem die Europäische Union seit Ausbruch der Coronakrise bereits hinlänglich und sehr überzeugend ihre Unfähigkeit bewiesen hat, kommt nun noch hinzu, dass die Präsidentin der EU-Kommission die völlige Untauglichkeit dieses Staatenbundes nachweist, überhaupt mit Krisensituationen wie dieser klarzukommen.

Am Wochenende hat Ursula von der Leyen in einem Artikel dargelegt, wie sie sich die Lösung der Probleme vorstellt. Die frühere deutsche Multi-Ministerin schrieb in Springers Massenblatt „Welt am Sonntag“ über ihre Ansichten. Interessant sind dabei eigentlich drei Aspekte.

Zunächst räumte sie ein, dass die EU zu Beginn der Krise – wobei weder Zeitpunkt noch Zeitraum konkret benannt werden – „Fehler“ gemacht habe, die aber nun – wem auch immer sei Dank – überwunden seien. Das ist blankes Schönreden, denn das komplette Versagen, aus den Erfahrungen Chinas Schlussfolgerungen zu ziehen und konkrete Maßnahmen gegen die unkontrollierte Ausbreitung der Pandemie für alle 27 Mitgliedstaaten plus Britannien zu ergreifen, ist wohl doch etwas mehr als ein „Fehler“. Wahrscheinlich könnte man das eher als einen Geburtsfehler dieser „Union“ bezeichnen.
Dann beschreibt sie munter ihre wunderbare Idee, der EU einen „Marshall-Plan“ überzustülpen. Dabei baut sie offensichtlich darauf, dass nur sehr wenige der Leser von Springers Druckerzeugnissen überhaupt wissen, dass es sich bei dem „Marshall-Plan“ nicht um eine angeblich uneigennützige Hilfe der USA für Westeuropa handelte, sondern in erster Linie um ein Instrument der Profitmaximierung für die Großunternehmen in „Gottes eigenem Land“.

Und schließlich lobt Frau von der Leyen in den höchsten Tönen einige Beispiele gegenseitiger Hilfe unter EU-Staaten, die allerdings angesichts der laufenden Querelen in der EU und mit Blick auf die konkrete Hilfe durch medizinisches Personal und Ausrüstung aus den Nicht-EU-Staaten China, Russland und Kuba außerordentlich bescheiden daherkommen.

Es lässt sich nicht daran rütteln, dass diese Europäische Union nicht dazu geschaffen wurde, den Interessen der Millionen Menschen zu dienen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"„Marshall-Plan“ fürs Kapital", UZ vom 10. April 2020



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit