Ralf Hohmann über die Erhöhung der Rundfunkgebühren

Manipulation kostet

In der vergangenen Woche haben die 16 Ministerpräsidenten die Erhöhung der Rundfunkgebühren ab Januar 2021 um 86 Cent auf monatlich 18,36 Euro pro Haushalt verkündet. Der soziale Abstieg des WDR-Intendanten und frisch gebackenen ARD-Chefs Tom Buhrow konnte damit gerade noch einmal verhindert werden. 406.700 Euro Jahreseinkommen bleiben ihm erhalten und die bereits für seine Rente in die Bilanz eingestellten 4 Millionen Euro ersparen ihm das Flaschensammeln. Keiner der elf ARD-Intendanten geht unter 22.500 Euro Grundgehalt monatlich nach Hause. Von den jährlich hereinflutenden etwa 7,5 Milliarden an Rundfunkgebühren landen knapp 3 Milliarden im Personal- und Rentenbudget. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) spricht von einem „überdurchschnittlichen Vergütungsniveau“.

Das sei eben der Preis von Qualität und Unabhängigkeit. Aber kocht man mit Alfons Schuhbeck wirklich besser als mit Tim Mälzer, ist einem das Schicksal des Bergdoktors näher als das von Heidi Klum? Aber es gibt sie ja noch, vereinzelt, meist ab 23 Uhr: Ein Fernsehspiel oder eine kritische Reportage, platziert am Rande der Wahrnehmung. Doch auch dieser Programmplatz ist längst nicht mehr sicher. Die für Montag, den 15. Juni, 22.45 Uhr, vorgesehene SWR-Dokumentation „Die Story im Ersten: Wuhan – Chronik eines Ausbruchs“ wurde kurzfristig „aus dem Programm genommen“. Zurück in den Giftschrank. Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz: „Eine Zensur findet nicht statt.“ – Was soll‘s? Grund: Die Doku stütze sich auf Filmmaterial des „China Intercontinental Communication Center“ (CICC), das ganz nah dran sei am Zentrum des Bösen, dem „Propagandaministerium“.

Im Bericht werde ein Wasserschaden in der für 1.000 Corona-Patienten binnen acht Tagen hochgezogenen Huoshenshan-Klinik in Wuhan verschwiegen. Auch das Lob der deutschen Virologen Christian Drosten und Lothar Wiehler für die Effektivität der chinesischen Anti-Corona-Maßnahmen in eingespielten O-Tönen könne man so nicht stehen lassen. So geht regierungstreuer „Qualitätsjournalismus“. Der Zuschauer könnte ja plötzlich Fragen haben, Zweifel artikulieren, Vergleiche ziehen.

Vor ihrem Rauswurf aus dem ZDF schrieb die Feuilletonistin Elke Heidenreich 2008 in der „FAZ“: „Wie jämmerlich unser Fernsehen ist, wie arm, wie verblödet, wie kulturlos, wie lächerlich.“ 1930 skizzierte Bertolt Brecht in seiner „Radiotheorie“ das Medium als bloßen Reproduzenten einer Scheinwelt, kritiklos, für Zukünftiges folgenlos, kurz: ein verlässlicher Feind jeder Veränderung des Bestehenden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe zwar die Möglichkeit, „allen allses zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen“. Dafür also sollen wir zahlen.

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"Manipulation kostet", UZ vom 26. Juni 2020



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