Die EU als NATO-Vorfeldorganisation kämpft gegen ihren Einflussverlust. Was sie zu bieten hat, ist wenig attraktiv. Sie fordert die Unterordnung der Interessen der mit ihr assoziierten Staaten unter ihre Agenda. Die Vorgaben aus Brüssel sind auch dann umzusetzen, wenn sie schädlich für das assoziierte Land und seine Bürger sind.
Für Georgien würde eine Umsetzung des EU-Sanktionsregimes nur Nachteile bringen. Das derzeitige kleine Wirtschaftswunder wäre nicht möglich, würde Georgien die Russland-Sanktionen umsetzen und den Konfrontationskurs der EU gegenüber China mittragen. Russland ist Georgiens wichtigster Handelspartner, China baut derzeit einen Tiefseehafen an der georgischen Schwarzmeerküste. Georgien profitiert vom chinesischen Infrastrukturprojekt „One Belt one Road“. Die Regierung von Premierminister Irakli Kobachidse bemüht sich um Neutralität. Für China und Russland ist das kein Problem, für die EU schon.
Georgien ist als Nachbarland zu Russland strategisch wichtig. Nicht umsonst wurde zeitgleich mit der Einladung an die Ukraine auch Georgien im Jahr 2008 die Tür zum NATO-Beitritt geöffnet. Eine Entfremdung von Georgien und EU betrifft daher auch die NATO und die imperialistischen Interessen des Hegemons. Es geht um die Durchsetzung seiner Ordnung und die Einkreisung Russlands.
Dabei wird deutlich, dass all das Gerede von Demokratie und vom Respekt vor der Souveränität von Staaten lediglich hohle Phrasen sind. Das westliche Bündnis kennt keine Souveränität, sondern nur Unterordnung. Der Respekt gegenüber der Demokratie ist nur dann gegeben, wenn diese Demokratie Ergebnisse bringt, die dem westlichen Bündnis dienen.
Nicht nur in Georgien, auch im EU-Mitgliedstaat Rumänien zeigt sich das in diesen Tagen deutlich. In Rumänien erzielte der NATO-kritische Außenseiter Calin Georgescu bei den Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang den Sieg. Die EU intervenierte, das rumänische Verfassungsgericht fällte ein Gefälligkeitsurteil. Die Wahl wurde annulliert. Die Rechtsgrundlage für die Einmischung der EU bildet der „Digital Service Act“. Angeblich habe Russland über soziale Netzwerke die Wahl manipuliert und Georgescu einen Vorteil verschafft. In der Begründung des rumänischen Gerichts findet sich kein Hinweis auf russische Einmischung. Dennoch lässt das Gericht die Wahl wiederholen.
Die Argumentation der EU lässt sich übrigens immer anwenden. Für die Bundestagswahl verheißt das nichts Gutes.
Es ist auf jeden Fall kein Wunder, dass nach dem Wahlsieg der Partei „Georgischer Traum“ Proteste nach dem Muster des ukrainischen Maidan ausgebrochen sind. Sie werden von außen befeuert. Deutsche Politiker sind auch dieses Mal vorne mit dabei. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth unterstützt vor Ort die Putschbewegung. Was in den deutschen Medien als „friedlicher Protest” gefeiert wird, sieht in russischen Medien nach einer Orgie der Gewalt aus. Während der Sturm aufs Capitol und ein angeblicher Sturm auf den Reichstag in den deutschen Medien Sorgen um die Wehrhaftigkeit der Demokratie ausgelöst haben, ist der Sturm auf das Parlament in Tiflis nun Ausdruck von berechtigtem zivilen Ungehorsam.
Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili verbreitet, die georgische Regierung sei aufgrund von Wahlbetrug illegitim. Belege dafür hat sie nicht, bei einer offiziellen Überprüfung deutete nichts auf Manipulationen. Dennoch verbreiten sie und westliche Medien die Mär von der gestohlenen Wahl.
Surabischwilis Amtszeit als Präsidentin läuft am 14. Dezember ab. Sie hat bereits angekündigt, so lange im Amt bleiben zu wollen, bis eine neue Regierung gewählt ist. Ihre Bereitschaft zur Eskalation hat sie damit klar signalisiert. Darauf deutet auch hin, dass sie am Wochenende in Frankreich anlässlich der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre Dame um die Unterstützung westlicher Staatschefs warb. Ihre eigenmächtigen Auftritte im Ausland verstoßen nach Auffassung der Regierung gegen die Verfassung. Klar ist in jedem Fall, Surabischwili vertritt nicht die Interessen Georgiens, sondern die des Westens. Sie befeuert einen Putsch nach Vorlage des Maidan in der Ukraine im Jahr 2014.