Solidarisch von Anfang an
Das Projekt der „Alternativen Presseschau“, in dem drei Mitglieder der DKP täglich Meldungen der russischsprachigen Medien übersetzen und in einem Blog veröffentlichen, existiert seit März 2014.
Begonnen hatte alles mit der Gewissheit, die Berichterstattung unserer „Qualitätsmedien“ über die Vorgänge in der Ukraine im Winter 2013/14 nach dem Szenario der „Bunten Revolutionen“ nicht länger ertragen zu können.
So mobilisierten wir unsere verschütteten Russischkentnisse aus Schule und Studium und begannen, die russischsprachigen Medien zu lesen. Während die deutsche Presse den Kiewer Putschisten zujubelte, informierten überregionale russische und regionale ukrainische Agenturen, über die Vorgänge im Donbass: Über die erfolglosen Bemühungen der dortigen Einwohner, in Kiew mit ihren Befürchtungen und Forderungen Gehör zu finden, über den gegen sie eingesetzten Terror der Maidan-Aktivisten und die darauf folgende Radikalisierung der Anti-Maidan-Bewegung.
Dies gab uns Hoffnung, dass diesmal die von EU und USA gesteuerte „Revolution“ auf starken Widerstand stoßen werde.
Auf Bitten einiger Genossen der Berliner DKP begannen wir zunächst, die wichtigsten Meldungen zusammenfassend aufzuschreiben und als Newsletter zu versenden. Daraus entwickelte sich die „Alternative Presseschau“ mit Blog und Newsletter.
Durch den Ausbau der Informationsressourcen in den Volksrepubliken und die Gründung der Kommunistischen Partei der DVR konnten wir den Kontakt zu den Kommunisten vor Ort herstellen und arbeiten seitdem eng mit ihnen zusammen.
Neben der Übersetzung und Veröffentlichung der Nachrichten rufen wir über den Newsletter regelmäßig zu Spendenaktionen für die Unterstützung der Arbeit der Genossen, Komsomolzen und Pioniere vor Ort im humanitären und politischen Bereich auf, organisieren gemeinsam mit der DKP gegenseitige Besuche, bei denen Standpunkte ausgetauscht und öffentliche Informationsveranstaltungen durchgeführt werden, sowie die Beteiligung an internationalen Solidaritätsaktionen für den antifaschistischen Donbass.
So bereiten wir zum Beispiel in Berlin eine mobile Ausstellung vor, die der Aktion „Kinder des Krieges wollen Frieden“ gewidmet ist und über Texte, Fotos und Kinderzeichnungen einen Einblick in das Leben der Kinder der DVR geben wird.
Diese praktischen Formen internationaler Solidarität können wir natürlich nicht allein realisieren. Wer unsere Arbeit und die der Kommunisten in den Volksrepubliken des Donbass unterstützen möchte, wende sich bitte per Mail an das Kollektiv der „Alternativen Presseschau“ unter
alternativepresseschau@euseb.de
Unseren Blog findet man unter https://alternativepresseschau.wordpress.com/
Swetlana Ebert
Der Mai ist in der Donezker Volksrepublik (DVR) eine besondere Zeit. Auf den 1. Mai folgen der Tag des Sieges, der 9. Mai, und der 11. Mai, der Tag der Republik, in diesem Jahr der vierte Geburtstag der DVR. Am 11. Mai 2014 stimmte eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung des ehemaligen Verwaltungsbezirks Donezk der Ukraine für die Schaffung einer souveränen Volksrepublik. Ein großer Teil des Landes ist seither von ukrainischen Truppen besetzt, Städte und Dörfer der DVR werden Tag für Tag beschossen, die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten wird durch Festnahmen, Konfiskationen von Wohnraum und Fahrzeugen durch das ukrainische Militär terrorisiert.
In dem befreiten Gebiet der Donezker Volksrepublik ist trotz der seit mehr als vier Jahren anhaltenden Kriegssituation die Unterstützung der Bevölkerung deutlich zu spüren, zehntausende von Menschen nahmen an den Aktionen am 9. und am 11. Mai teil.
Donezk wirkt mit Ausnahme der Außenbezirke an der Frontlinie nicht wie eine Stadt im Krieg. Es gibt viele gut gepflegte Grünanlagen, viele Menschen sind in der Stadt unterwegs, an den Feiertagen finden abends Konzerte in Parks statt. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert sehr gut und ist auch für dortige Verhältnisse sehr preiswert.
Ich wohne bei einem Genossen und einer Genossin, die ein zweijähriges Kind haben, in einem Hochhaus in einem Außenbezirk, der nicht unmittelbar an der Front liegt, aber hin und wieder beschossen wurde. Am Nachbarhaus sieht man Spuren von Beschuss. Auch in diesem Stadtteil gibt es Grünanlagen, es gibt kleine Geschäfte, wo man alles Notwendige kaufen kann. Der Stadtteil (Kujbyschewskij-Bezirk) gehört zu denen, die ihr Trinkwasser von der Donezker Filterstation beziehen. Diese fällt regelmäßig aus, weil sie von ukrainischen Truppen beschossen wird. Dann kommt zwar noch Wasser aus der Leitung, aber es ist nicht mehr von Trinkwasserqualität. Sicherheitshalber wird deshalb das Wasser, ehe es zum Trinken oder Kochen verwendet wird, durch einen kleinen Filter gegeben.
Die Miete für die Dreizimmerwohnung beträgt 1 500 Rubel. Die Genossin ist im Moment noch in Elternzeit, als Lehrerin mit noch wenig Berufserfahrung wird sie, wenn sie Ende des Jahres wieder anfängt zu arbeiten, 6 000 bis 7 000 Rubel verdienen, ihr Mann verdient mehr, für das Kind gibt es Zuschüsse, bis zum dritten Lebensjahr monatlich auch ein Lebensmittelpaket mit Gläschen und Breipulver. Damit ist alles gut zu finanzieren. Es wird aber deutlich, dass Bezieher von Mindestrenten von derzeit 2 904 Rubel auf Hilfe auch bei Lebensmitteln angewiesen sind, was auch offiziell nicht bestritten wird. Probleme gibt es auch mit Medikamenten. In Krankenhäusern sind sie kostenlos, in der Apotheke müssen sie aber bezahlt werden. Für das angestrebte kostenlose Gesundheitswesen fehlen die Mittel. Wegen der vielen zerstörten Häuser fehlt es auch an Wohnraum.
In Donezk besuchen wir ein Kinderheim mit angeschlossener Schule in Donezk, was dort Internat genannt wird. Über viele soziale Einrichtungen, Kindergärten und Schulen in der DVR haben gesellschaftliche Organisationen, Behörden oder Truppenteile Patenschaften übernommen, um den Kindern besser Lebensbedingungen zu bieten. Die Kommunistische Partei der DVR ist Patin des Internats Nr. 1 von Donezk und das Projekt „Alternative Presseschau“, das von DKP-Mitgliedern gegründet wurde, hat sich durch eine Spendensammlung in der BRD daran beteiligt. Für dieses Geld haben die Genossen für die Kinder verschiedene Dinge gekauft, die über das vom Staat zur Verfügung gestellte Minimum hinausgehen – in diesem Fall Shampoo, Hygieneartikel, Süßigkeiten.
In dem Heim leben etwa 140 Kinder im Schulalter, die entweder Waisen sind oder deren Eltern sich nicht um sie kümmern können. Im Gespräch mit Lehrern und Erziehern wird deutlich, dass das Heim sehr um die Ausbildung der Kinder bemüht ist, darum, ihnen auch die Möglichkeit zu kultureller und sportlicher Betätigung und zu politischer Bildung zu geben, aber vor allem auch darum, ihnen emotionale Wärme zu bieten.
Alle Kinder, die in diesem Kinderheim leben, sind nach dem Herbst 2014 dorthin gekommen, obwohl das Heim bereits seit 2003 besteht. Im Sommer 2014 sind die Kinder, die damals dort lebten, für die Sommerferien in Urlaubsorte in der Ukraine gefahren und und durften bis heute nicht zurückkehren, obwohl manche Verwandte oder sogar ihre Eltern in Donezk haben.
Anders als gerade beschrieben ist die Lage in Stadtteilen und Ortschaften direkt an der Front. Ein Beispiel ist Gorlowka, eine große Stadt im Norden der DVR, bis vor einigen Wochen eines der Hauptziele der ukrainischen Besatzungsarmee. Fast jeden Tag gibt es hier Verletzte, häufig auch Tote, jede Woche werden zahlreiche Häuser beschädigt oder zerstört. Die Schulen haben hier schon einige Tage vor Ende des Schuljahrs Ende Mai auf Fernunterricht umgestellt, nachdem eine Schule während des Unterrichts
beschossen wurde. Häufig gibt es Ausfälle bei der Strom- und Gasversorgung. Die übliche schnelle Reparatur wird oft dadurch behindert, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht zur Einstellung des Feuers bereit sind. Häufig kommt es vor, dass reparierte Strom- oder Gasleitungen gleich am nächsten Tag wieder beschossen werden.
Auch Industriebetriebe, wie der große Chemiebetrieb Stirol in Gorlowka, der früher unter anderem Düngemittel herstellte, können nur teilweise wieder in Betrieb genommen werden, weil bestimmte Produktionen in der Nähe der Frontlinie zu gefährlich sind. Ein großer Teil der Menschen ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Diese wird von einem gesellschaftlichen Stab für die frontnahen Gebiete organisiert, in dem Vertreter von Ministerien, Parlamentsabgeordnete und andere vertreten sind. Dieser sorgt, soweit möglich, auch dafür, dass soziale Einrichtungen in diesen Ortschaften wiederaufgebaut, Postfilialen und mobile Ärzte- und Apothekendienste eingerichtet werden.
Mit der antifaschistischen Karawane bin ich in einigen dieser Orte gewesen.
Von den Menschen dort ist immer wieder die Bitte zu hören, in Westeuropa über die ukrainische Aggression und deren Folgen zu berichten. Der Besuch im Donbass hat mir wieder deutlich gemacht, dass unsere Solidarität dringend notwendig ist, materiell, vor allem aber durch Öffentlichkeitsarbeit.