Bereits am 8. Oktober hatte AfD-Mann Martin Sichert sich im Bundestag geäußert, bald gebe es „keinerlei Unterschied mehr zwischen einer epidemischen Notlage nationaler Tragweite und Hitlers Ermächtigungsgesetz von 1933“. Und am 18. November ermöglichten AfD-Abgeordnete den Zugang für Provokateure in den Bundestag, während der Debatte hatten sie zeitweilig Plakate mit einer angeblichen Beerdigung des Grundgesetzes an diesem Tag zur Schau gestellt.
Im Grimmschen Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein fraß bekanntlich der Wolf Kreide, um die hohe Stimme der Mutter der Geißlein nachzuahmen und so die Jungen zu täuschen. Wenn sich heute die AfD als Bewahrerin demokratischer Grundrechte darstellen möchte, fügt sie den lesenswerten deutschen Volksmärchen ein weniger lesenswertes hinzu.
Die AfD erweckt den Anschein, als sei für nationalkonservative Kreise das Ermächtigungsgesetz negativ besetzt. Doch genau diese Kreise waren es, die den deutschen Faschisten zur Macht verhalfen und in trauter Eintracht mit diesen 1933 dieses Gesetz verabschiedeten. Dass solche Geschichtsklitterungen vermehrt greifen, wurde nicht zuletzt bei dem Auftritt der selbsternannten Sophie-Scholl-Nachfolgerin aus Kassel deutlich.
Es wachsen die Hoffnungen, dass in absehbarer Zeit mit der Entwicklung von Impfstoffen die Corona-Pandemie überwunden werden kann. Das wird aber auch der Zeitpunkt sein, in dem die Bundesregierung den arbeitenden Menschen und ihren Familien die Rechnung für die Lockdowns und die milliardenschweren „Rettungspakete“ präsentiert.
Spätestens dann wird tatsächlich Widerstand notwendig sein, und der muss klassenmäßig sein, wenn er denn erfolgreich sein will. Und wir werden die starken Gewerkschaften brauchen, die den Märchenerzählern der AfD ein Dorn im Auge sind wie auch den Bundestagsparteien, die die Krisenlasten im Interesse des Kapitals verteilen möchten.
Die Zeit einiger Märchenerzähler und ihrer Zuhörer ist dann vorbei, und auch Jana aus Kassel wird keine Flugblätter mehr verteilen oder Demonstrationen anmelden. Die wird auch niemand vermissen. Die AfD wird allerdings weiter gebraucht, um eine Scheinalternative zur Politik der Parteien des Großkapitals zu spielen. Sie wird wie das Establishment den Klassenkampf ins Reich der Märchen verbannen, in dem sie auch die Pandemie und den Klimawandel wähnt.