Männerliebe

Friedrich Merz (CDU) hat ein verstecktes Talent. Im Vergleich zu ihm wirken viele Vertreter der abgehalfterten deutschen Politikerbande plötzlich wie hochintelligente Sympathieträger.

Der Kanzlerkandidat von BlackRocks Gnaden hat Trump einen Brief geschrieben und ihm zu seinem „wahrlich bemerkenswerten Wahlsieg“ gratuliert. „Ich habe einen beträchtlichen Teil meiner beruflichen Karriere und meines politischen Lebens der Stärkung der Beziehungen unserer beiden Länder gewidmet“, heißt es darin. Wenn er Kanzler sei, verspricht Merz Trump, „mit Ihnen auf ein neues Kapitel in unserer Beziehung hinzuarbeiten“. Irgendwie süß, aber auf die eklige Art und Weise.

Doch Merz wäre nicht Merz, wenn er es bei seinem Liebesbrief belassen hätte. In einer Videobotschaft rechnete er vor, dass es keinen Grund gebe, sich Sorgen zu machen: „Wir sind 450 Millionen Europäer – mehr als die USA und Kanada zusammen.“ Prima!

Mit einer ähnlichen Stoßrichtung meldete sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Wort. Man werde gemeinsam „entscheidende Impulse für Freiheit, Frieden und Sicherheit sowie für Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks setzen“.

Während sich Merz’ Brief liest, als schriebe er an den Weihnachtsmann, klingt Scholz, als habe er sich selbst in den Schlaf gebrabbelt. Inhaltlich ist man sich einig: Die „transatlantische Freundschaft“ lebe hoch, zudem brauche es ein starkes Deutschland und eine geschlossene EU.

Da darf natürlich auch Annalena Baer­bock (Grüne) nicht fehlen. Trumps Drohungen, den Panamakanal und Grönland unter US-Kontrolle zu bringen, bezeichnete sie als „vollkommen inakzeptabel“. Aber man muss auch die guten Seiten sehen. Denn beim Panamakanal gehe es darum, den Einfluss Chinas zurückzudrängen. „Wir haben da lange einfach blind zugeschaut, auch das war ein Fehler“, so die deutsche Chefdiplomatin.

Dann doch lieber Schutt und Asche im großen Stil als ein Einknicken vor der „gelben Gefahr“. Darin ist man sich zwischen Berlin und Washington offenbar nach wie vor einig.

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"Männerliebe", UZ vom 24. Januar 2025



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