ver.di fordert Sozialtarifvertrag

Madsack will LVZ-Druckerei schließen

Von Herbert Münchow

Der Verkauf der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) vor 27 Jahren an die Madsack-Mediengruppe und die „Axel Springer Verlag AG“ war ein lukratives Geschäft. Die Treuhandanstalt hatte diesen Verkauf zur Privatisierung der LVZ vollzogen. Eigentumsansprüche wurden durch die SPD geltend gemacht. Die Nazis enteigneten 1933 die SPD-Zeitung LVZ. Im Rahmen eines Vergleichs nahm die SPD ihre Ansprüche zurück. Von der westdeutschen Linken wurde der ausgehandelte Vergleich massiv kritisiert.

Zu Madsack hatte die LVZ-Spitze schon vor 1991 Verbindung aufgenommen. Springer kam als Schnäppchenjäger hinzu. Der Großverlag verfügte nunmehr über den Löwenanteil am Leipziger Medienmarkt. Diese Privatisierungspraxis der Treuhand, die in Leipzig von einem Zeitungssterben begleitet war, stieß bundesweit auf massive Kritik und vor Ort auf öffentlichen Protest. Leipziger Bürger demonstrierten gegen die Entscheidung der Treuhand. Sie forderten „Springer raus!“ und „Presse gehört in Ossihand! Springer ab ins Wessiland!“

Nunmehr droht die Schließung der LVZ-Druckerei in Stahmeln zum 31. Dezember 2019. Damit die faktische Auslöschung des Polygraphie-Zentrums Leipzig. „Ein derart tiefgreifender regionalwirtschaftlicher Absturz darf nicht widerstandslos hingenommen werden.“ (Stellungnahme der Fraktionen „Die Linke“ und der SPD im Leipziger Stadtrat)

Die am 4. Mai 1993 eröffnete Druckerei (Investitionsvolumen 315 Millionen DM) wurde mit umfangreichen öffentlichen Mitteln gefördert. Von der Madsack-Mediengruppe als Eigentümerin der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft wird ihre Entscheidung zur Schließung mit dem Verlust der „Bild“-Druckaufträge des Springer-Verlages begründet. Betroffen sind 60 Beschäftigte in der Druckerei und 200 in der Zeitungsweiterverarbeitung.

Der Druckereistandort soll genau zu dem Zeitpunkt geschliffen werden, wo erstmals ohne öffentliche Fördergelder in die Produktion investiert werden müsste. Tariflose Unternehmen in Halle und Dresden sollen die Produktion übernehmen. Die Belegschaft der Druckerei wurde seit 1995 ständig mit Forderungen nach Lohnverzicht und weiterer Aushöhlung der Tarifverträge konfrontiert. Im Jahr 2011 folgten der Verlust der Tarifbindung, der Kampf um einen Haustarifvertrag und die Spaltung der Belegschaft durch die Fremdvergabe der Zeitungsweiterverarbeitung seit Anfang 2017. In einem offenen Brief der Betriebsräte und Mitarbeiter an den Mitgesellschafter SPD wird dieser aufgefordert, die Entscheidung zur Schließung in Frage zu stellen. Die SPD-eigene Medienholding DDVG ist mit 23,1 Prozent an Madsack beteiligt.

Die Belegschaft ist zum Widerstand entschlossen. Sie hat „nichts mehr zu verlieren“ und ist „zu allem bereit“. ver.di fordert Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag. Den Beschäftigten sollen Arbeitsplätze in der Madsack-Mediengruppe angeboten und Entlassungen vermieden werden. Außerdem fordert ver.di Regelungen zur Altersteilzeit, Abfindungen, Übernahme von Umzugs- und Fahrtkosten und eine Transfergesellschaft. Am 1. Dezember 2018 kam es zum Warnstreik, da sich auf Konzernseite nichts bewegte. Madsack meinte offenbar, dass gilt: Ostdeutsche sind halbwertig. Die angebotenen Lösungen lagen unter 50 Prozent der sonst bei Madsack üblichen Regelungen. Der Streik war in diesem Punkt nicht wirkungslos. Auch der Einsatz von Streikbrechern aus anderen Druckereien blieb erfolglos. Die Kollegen wurden getäuscht und waren sich über ihre wirkliche Rolle nicht im Klaren. Der Konzern stockte sein Angebot auf. Die Verhandlungen gehen weiter. Ob mit oder ohne Streik, wird sich zeigen.

„Madsack will Fläche, will den Unternehmensverband, zu dem momentan 15 regionale Tageszeitungen und 28 Anzeigenblätter gehören, weiter ausbauen. Gleichzeitig segmentiert der Verlag zugehörige Firmen in kleine, tariflose Einheiten, streicht Stellen und schließt Druckereien.“ (kreuzer-leipzig.de) Nach den Druckereien in Hannover, Peine und Göttingen geht nun der Griff nach Leipzig.

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"Madsack will LVZ-Druckerei schließen", UZ vom 21. Dezember 2018



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