Erhöhung der Ökosteuer vorerst gestoppt – Regierung lädt „Gelbwesten“ zu Gesprächen ein

Macron sieht gelb

Von Lars Mörking

Nach wochenlangen Protesten, in Szene gesetzten Bildern von brennenden Blockaden und massiver Polizeigewalt will die französische Regierung die zum 1. Januar angekündigte Erhöhung der Ökosteuer auf Diesel und Benzin nun vorerst doch nicht einführen. Nach Berichten der französischen „Le Monde“ vom vergangenen Dienstag setzt Premierminister Edouard Philippe die Steuererhöhung aus. Außerdem kündigte er Maßnahmen zur Entspannung des Konflikts mit den „Gelbwesten“ an.

Zum ersten Aktionstag kamen etwa 300000 Menschen. Am letzten Samstag sollen es noch 150000 gewesen sein. Diesmal hatten auch Gewerkschaften zur Beteiligung aufgerufen. Umfragen zufolge sympathisieren etwa drei Viertel der französischen Bevölkerung mit der Bewegung der „Gelbwesten“. Gerade in den ländlichen Gebieten und kleinen und mittleren Provinzstädten ist die Unterstützung groß. Zu den Forderungen der Bewegung gehören neben der Rücknahme der Steuererhöhung insgesamt 40 Punkte, darunter die Erhöhung des Mindestlohns, die Erhöhung der Renten und die Rücknahme der Abschaffung der Vermögenssteuer.

Die „Gelbwesten“ sind der Legende nach ein Kind der sozialen Netzwerke. Protestvideos, Online-Petitionen gegen die steigenden Spritpreise wie die von Priscilla Ludovsky, Kosmetikerin aus einer Pariser Vorstadt, wurden millionenfach angeklickt oder geteilt. Lkw-Fahrer Eric Drouet rief für dem 17. November zu Straßenblockaden auf. Ludovsky und Drouet gehörten zu den Auserwählten, die im Namen der Protestbewegung Gespräche mit der französischen Regierung führen sollten. Das fand dann aber doch nicht statt, die „Geldbwesten“ sagten ab. Als Grund gaben sie an, aus den eigenen Reihen bedroht worden zu sein.

Eine spontane Bewegung, die aus dem nichts entstanden ist? Drouet wird von „tagesschau.de“ zitiert: „Wir sind wirklich eine Bewegung des Volkes. Wir fühlen uns keiner politischen Partei zugehörig. Und lassen uns auch nicht vor deren Karren spannen.“

Zumindest ist deutlich erkennbar, gegen wen sich die Proteste richten: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Seit Mai 2017 ist er im Amt und hat schon einige Sauereien umgesetzt. Die Vermögenssteuer hat er abgeschafft und im Gegenzug gleich Mehrbelastungen für Rentner eingeführt. Gegen die Arbeitsmarktreform, ein Generalangriff gegen Beschäftigte und ihre Gewerkschaften, und gegen die Reform der französischen Staatsbahn gab es massive Proteste der Gewerkschaften. Macron schien dies wenig zu interessieren, er drückte seine Vorhaben durch. Sein Ziel ist der Abriss des französischen Sozialstaates nach deutschem Vorbild in kürzester Zeit.

Sollten es gerade die „Gelbwesten“ sein, die in der Lage sind, Macron auszubremsen?

Medien berichten immer wieder, die „Gelbwesten“ seien von rechts und links unterwandert. Diese Kräfte seien auch für die Randale auf den Straßen Frankreichs verantwortlich. So hatten sich etwa in Paris am vergangenen Wochenende Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, Autos angezündet und Geschäfte geplündert.

Anfang der Woche wurde bekannt, dass eine 80-jährige Frau bei den Protesten in Marseille starb. Sie bekam eine Tränengasgranate ins Gesicht, während sie am Fenster ihrer Wohnung stand. Insgesamt sind bereits vier Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen.

Medienwirksam war vor allem die Beschädigung des Triumphbogens: Randalierer hatten Ausstellungsräume verwüstet und Kunstwerke zerstört, eine Napoleon-Büste wurde „enthauptet“. Das National-Monument wurde zudem mit Graffiti besprüht. Die Polizei nahm insgesamt über 400 Menschen fest. Wer diese Menschen sind, wurde bisher nicht bekannt gegeben.

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"Macron sieht gelb", UZ vom 7. Dezember 2018



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