Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger (SPD), reiste vergangene Woche nach Dearborn in den USA; Heimatstadt von Henry Ford und Hauptsitz der Ford Motor Company. Hintergrund der Reise war die anstehende Entscheidung über die Zukunft der Ford-Standorte in Saarlouis und Valencia. Bis zum 27. Januar diesen Jahres waren beide Werke aufgefordert, Sparkonzepte vorzulegen, anhand derer das Ford-Management entscheidet, welcher Standort in Zukunft Elektro-Autos bauen darf.
Damit wurde ein Unterbietungswettbewerb initiiert. Was mit dem Werk passiert, dass diesen verliert, ist unklar – eine Schließung steht im Raum. Für die 4.600 Beschäftigten im Werk Saarlouis sowie die 1.600 Arbeiter in den umliegenden Zuliefererbetrieben und ihre Familien geht es also um viel. Eine Entscheidung soll bis 30. Juni getroffen werden.
Vor diesem Hintergrund reiste Rehlinger für ein persönliches Gespräch mit Ford-Managern nach Dearborn. Auf ihrer Facebook-Seite ließ Rehlinger wissen, sie habe mit „der Konzernleitung persönlich das Paket erläutert, das die saarländische Landesregierung dem Unternehmen angeboten hat“. Die Ministerpräsidentin will sich nach außen als Macherin präsentieren, die Reise hat also vor allem Symbolcharakter: „Ich habe den Saarländerinnen und Saarländern versprochen, nichts unversucht zu lassen.“ Dass Politiker, Betriebsräte und Gewerkschaften de facto machtlos sind und bei solchen Entscheidungen keinerlei harte Mitbestimmungsrechte haben, räumte sie unumwunden ein: „Es stimmt: Unternehmen entscheiden über ihre Standorte und über tausende Beschäftigte und ihre Familien.“ Und weiter: „Politik (ist) nicht allmächtig, auch wenn sie vieles verändern kann.“
Diese Machtlosigkeit scheint der Ministerpräsidentin kein Anlass für Kritik zu sein. Im Gegenteil, sie vermittelt den Lesern: „Das ist halt so.“ Zu konkreten Inhalten der Gespräche sagte sie nur: „Eine Entscheidung zwischen Valencia und Saarlouis ist nach unserem Eindruck noch nicht gefallen.“
Demgegenüber sieht ein „Autoexperte“, der vom „Saarländischen Rundfunk“ interviewt wurde, die Lage so: „Ich glaube, dass in den USA die Grundsatzentscheidung von Ford für Europa schon gefallen ist. Und ich glaube, dass Valencia das Rennen für sich entscheiden wird“, denn „insbesondere die Kostensituation ist in Spanien besser als in Deutschland“.
Über den „Nachteil“ der höheren Personalkosten hierzulande weiß auch der deutsche Gesamtbetriebsrat: „Uns wurde schon ziemlich deutlich gesagt, dass Valencia insbesondere hinsichtlich der Personalkosten erhebliche Vorteil habe.“
Die „Saarbrücker Zeitung“ berichtete zuletzt von einer internen E-Mail des Ford-Europachefs Rowley, in der es hieß, die anstehende Entscheidung sei „keine Entscheidung über die Schließung eines Standorts“. Die Aussicht auf den Erhalt beider Standorte wurde vom Ford-Europachef zugleich mit einer Drohung verbunden: „Letztendlich gehen wir aber davon aus, dass sowohl Saarlouis als auch Valencia ihre derzeitigen Strukturen anpassen werden müssen.“ Was das Wort „Strukturänderung“ aus dem Mund eines Kapitalisten heißt, muss keinem UZ-Leser erklärt werden.
Die Ford-Arbeiter demonstrierten derweil Geschlossenheit. In einer Aktionswoche Anfang Mai, bei der fast alle europäischen Ford-Standorte mitmachten, wurde das gemeinsame Ziel formuliert: „Den Erhalt aller europäischen Ford-Werke“, und das bedeute nicht entweder Saarlouis oder Valencia, sondern „Saarlouis UND Valencia“.