Zu „Nicht alles in einen Topf werfen“, UZ vom 14. Juli

Machtfaktor AfD

Jochen Vogler, Wuppertal

So, so, „eine AfD wird als Machtoption aktuell nicht gebraucht“. Das war bei der NSDAP bis 1931 auch noch nicht so. Die Weimarer Republik als erste parlamentarische Demokratie in Deutschland unterschied sich in vielen Bereichen von der derzeitigen. Die bürgerlichen Parteien konnten den damaligen Krisen nur mit immer intensiveren repressiven Maßnahmen begegnen – bis hin zu Notverordnungen. Insbesondere gab es damals eine kommunistische Partei mit Massenbasis, die die kapitalistischen Eliten in ihrem Profitstreben störte.

Doch, die AfD als reaktionäre, neoliberale und in Teilen faschistische Partei ist in diesem Land inzwischen ein Machtfaktor. Zum einen treibt sie mit ihren Forderungen die anderen Parteien vor sich her, zum anderen erlangt sie mit zunehmenden Wahlerfolgen auch selbst Handlungsmacht. Die „Änderung der Erinnerungskultur um 180 Grad“ (Höcke) ist für die AfD eine durchsetzbare Handlungsoption, wenn ihr aufgrund von weiteren Wahlerfolgen die administrativen Mittel dazu zur Verfügung stehen. Unter AfD-Führung in Thüringen wird das nächste Gedenken in Buchenwald dann sicher auf dem dort eingerichteten Gelände zum „Speziallager“ der sowjetischen Besatzungsmacht stattfinden. Nachweislich waren dort vor allem Nazis inhaftiert. Und noch viele andere unerfreuliche Maßnahmen sind denkbar.

Peter Gingold wäre über die derzeitigen Debatten mit den diversen Gruppen, die sich weder rechts noch links politisch einordnen, gegenüber rechten Tendenzen aber kaum was entgegensetzen, sicher sehr besorgt. Sein Vermächtnis bleibt gültig: „1933 wäre verhindert worden, wenn alle Hitlergegner die Einheitsfront geschaffen hätten. Dass sie nicht zustande kam, dafür gab es für die Hitlergegner in der Generation meiner Eltern nur eine einzige Entschuldigung: Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle künftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“

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"Machtfaktor AfD", UZ vom 28. Juli 2023



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