Lebensmittelpreise steigen. Jedes vierte Kind sozial ausgegrenzt

Luxusgut Orangensaft

Anfang der Woche wurde über die aktuelle Inflationsrate berichtet. Ganz sachlich – mit Prozentzahlen, Quoten und Tabellen. Wenn dann noch die Rate insgesamt zurückgeht, schreibt sich die Schlagzeile von den sinkenden Preisen fast von allein.

Dabei schlüsselte das Statistische Bundesamt sehr genau auf, was jeder beim Supermarkteinkauf fühlt: „Alles teurer geworden!“ Im Schnitt wurden die Lebensmittelpreise in Deutschland zwischen Januar 2020 und Mai dieses Jahres um ein Drittel erhöht. Wer vor vier Jahren seinen Einkaufswagen für 100 Euro füllen konnte, zahlt jetzt über 30 Euro mehr. Gab eine vierköpfige Familie im Monat etwa 600 Euro für Lebensmittel aus, muss sie jetzt 780 Euro aufbringen. Im Jahr läppern sich fast 2.200 Euro zusätzlich zusammen. Hinzu kommt, dass gerade Grundnahrungsmittel mächtig im Preis angestiegen sind. Bei Mehl, Ölen, Zucker oder Orangensaft zahlt man mehr als das Doppelte. Aber auch Reis, Nudeln, Kartoffeln, Käse und tiefgefrorenes Gemüse liegen über der durchschnittlichen Teuerung.

Die Lohnerhöhungen und Inflationsausgleichsprämien sind durch die ebenfalls stark gestiegenen Miet- und Energiepreise aufgefressen. Das heißt beim Einkaufen also sparen – etwa umsteigen auf die Eigenmarken der Lebensmittelhändler. Doch gerade da haben die Monopolisten im Lebensmittelhandel, Aldi, Rewe, Edeka und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, besonders draufgeschlagen, wie Foodwatch schon im letzten Jahr berichtete. In den meisten Kühlschränken wird heute also weniger liegen als noch vor vier Jahren. Wenige konnten dafür ihre Geldspeicher ausbauen: Dieter Schwarz, Eigentümer von Lidl und Co., bringt es laut „Forbes-Magazin“ auf ein Vermögen von 38 Milliarden US-Dollar. Die drei Familien aus dem Aldi-Imperium kommen zusammen sogar auf 45,4 Milliarden Dollar.

Zeitgleich ist weiterhin jedes vierte Kind in diesem Land von sozialer Ausgrenzung betroffen, als Erklärung bieten die Statistiker einen niedrigen Bildungsabschluss der Eltern an.

Bert Brecht wusste es schon vor 90 Jahren besser: „Und der Arme sagte bleich: Wär‘ ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ Neben den parasitären Reichen hat die Armut ihre Ursache auch in politischen Entscheidungen. Der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands zeigt deutlich, dass die Armutsquote in Deutschland seit der Einführung des ALG II, das neumodisch Bürgergeld heißt, linear gestiegen ist.

Selbst einfachste Mittel zur Linderung der Armut gibt es in diesem Land nicht. In Spanien wurde beispielsweise wegen der Preisexplosion die Mehrwertsteuer auf Olivenöl ausgesetzt. Ein Wegfall der Mehrwertsteuer – und die gesetzliche Verpflichtung der Händler, dies an den Endverbraucher weiterzugeben – könnte auch in Deutschland dafür sorgen, dass einkommensschwache Haushalte am Ende des Monats noch Essen auf dem Tisch haben. Das wäre zumindest ein Anfang.

Doch für die deutsche Regierung zählt nur die Kriegstüchtigkeit. Und die Profite der Mächtigen.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Luxusgut Orangensaft", UZ vom 5. Juli 2024



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