Mit einer internationalen Friedenskundgebung, einem Konzert und einer Theateraufführung endeten am Samstagabend die Aktionstage der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) im rheinland-pfälzischen Büchel mit mehr als 100 Teilnehmern. An den Aktionen unter dem Motto „Büchel dichtmachen – USA-Atombomben raus!“ beteiligte sich am Samstag eine zwölfköpfige Delegation der KPL, Vertreter der belgischen Partei der Arbeit (PTB) nahmen bereits am Freitag an den Blockade- und Störaktionen in Büchel teil (Zeitung vom 13. Juli) und die Neue Kommunistische Partei der Niederlande (NCPN) hatte eine Solidaritätsadresse geschickt.
Auf dem Fliegerhorst der deutschen Armee in Büchel lagern nur 70 Kilometer Luftlinie von Luxemburg etwa 20 US-amerikanische Atombomben vom Typ B-61 in unterirdischen Bunkern, die nach einem Beschluß der Obama-Administration nun modernisiert werden sollen. Die Aktionstage fanden im Rahmen der 20-wöchigen Aktionspräsenz der Friedensbewegung in Büchel statt, die angesichts der drohenden Aufkündigung des INF-Vertrags über das Verbot von Mittelstreckenwaffen von wachsender Bedeutung sind.
Auf der von Friedensliedern von Ernesto Schwarz umrahmten Abschlußkundgebung warnte Björn Schmidt vom DKP-Parteivorstand, die Gefahr, daß die in Büchel gebunkerten Atomwaffen eingesetzt werden, sei nicht zuletzt angesichts der aggressiven Politik der NATO gegen Rußland „real“. Sie seien „keine Museumsstücke, sondern für den Krieg bestimmt“, würden schon heute als Druckmittel vor allem gegen Rußland eingesetzt und zwängen potentielle Gegner schon heute zu Gegenmaßnahmen.
Marion Küpker von der Initiative »Büchel ist überall – atomwaffenfrei jetzt!« berichtete, das Pentagon habe seine ursprünglichen Pläne, die Atombomben in Büchel bis zum Jahr 2024 zu modernisieren, auf 2027 verschoben. Das sei ein erster Erfolg der Friedensbewegung. Marion Küpker schloß mit Gandhi: „Erst ignorieren sie uns, dann lachen sie über uns, dann bekämpfen sie uns und dann gewinnen wir!“
John LaForge von Nukewatch, die mit einem Dutzend Friedensaktivisten aus den USA nach Büchel gekommen war, erklärte, man müsse kein Kommunist sein, um gegen die auf Rußland gerichteten Atombomben zu sein. Einer neuen Studie zufolge sei bei einem Atomkrieg gegen Rußland mit 200 Millionen Toten in Westeuropa, wo ein Großteil des radioaktiven Fallouts niederginge, zu rechnen.
Katharina Ohmayer, Landesvorsitzende der SDAJ Rheinland-Pfalz, erinnerte an westdeutsche Friedensaktivisten, die in den 50er Jahren an der Loreley in den Fels gebohrte Sprenglöcher, mit denen der Rhein im Kriegsfall blockiert werden sollte, wieder zugeschmiert haben, um so auf neuerliche Kriegsvorbereitungen aufzuklären. Mit Brecht forderte sie dazu auf, denen, die in aller Öffentlichkeit neue Kriege vorbereiten, die Hände zu zerschlagen.
KPL-Präsident Ali Ruckert informierte über die Rekordaufrüstung in Luxemburg, die sogar „über die Hochzeiten des Kalten Krieges“ hinausgehe, und darüber, daß die Friedensbewegung im Vergleich zu den 80er Jahren derzeit relativ klein sei. Während sich die Regierung aus DP, LSAP und Déi Gréng weigere, dem UNO-Vertrag für ein Verbot aller Atomwaffen beizutreten, setze sich die KPL schon seit Jahrzehnten für die Abschaffung sämtlicher Atomwaffen ein – „seien es US-amerikanische, britische, französische oder chinesische“. Auch Ali Ruckert wertete es als großen Erfolg, daß die Modernisierung des in Büchel gelagerten „Teufelszeugs“ zumindest verzögert wurde. Es habe ihn sehr gefreut, daß das Friedenscamp in Büchel über nationale Grenzen hinausgegangen sei und daß sich auch Atomwaffengegner aus den USA daran beteiligt haben.
Barbara Heller vom Bremer Friedensforum informierte, das nördliche Bundesland sei das erste, das die deutsche Regierung aufgefordert habe, den UNO-Vertrag für ein Verbot aller Atomwaffen zu unterzeichnen.
Am Freitag in aller Frühe hatten die Kommunisten zeitgleich zwei Tore des Fliegerhorsts mehrere Stunden lang blockiert und so die Abläufe empfindlich gestört, während die Blockade der dritten Zufahrt mit Polizeigewalt verhindert wurde. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Sitzblockade geräumt und Platzverweise ausgesprochen. Bei dem Versuch, sich dem dritten Tor zu nähern, wurde ein Mitglied des DKP-Parteivorstands gewaltsam zu Boden gestoßen und derart verletzt, daß es im Spital behandelt werden mußte. Ein zweiter Versuch, das Tor zu blockieren, wurde wenige Stunden später sofort mit der Androhung, Pfefferspray aus nächster Nähe einzusetzen, von der Polizei unterbunden.
Nach drei erfolgreichen Blockadeaktionen in den vergangenen Jahren hat die Polizei, die in der Öffentlichkeit vorgibt, deeskalierend vorzugehen, massiv aufgerüstet und eine andere Gangart eingeschlagen. Auch das Internationale Friedenscamp, das zeitgleich mit den DKP-Aktivitäten auf der Friedenswiese vis-à-vis vom Fliegerhorst stattfand, war von Schikanen, wie der Verweigerung der Zufahrt zum Camp, betroffen. Die Polizeipräsens rund um Büchel war deutlich höher als in den Vorwochen, ein neuer Sicherheitszaun wurde errichtet. »All das können wir durchaus als einen Erfolg unserer Arbeit in den vergangenen Jahren verbuchen – und der Arbeit der Friedensbewegung insgesamt«, erklärte Tobias Kriele, Präsident des DKP-Bezirks Rheinland-Pfalz. Die Proteste in Büchel seien stärker geworden und in der Vorwoche sei es Aktivisten trotz eines neuen Sicherheitszauns gelungen, auf das Militärgelände vorzudringen. DKP und SDAJ prüften ein gerichtliches Vorgehen gegen den Polizeieinsatz. „Wir werden uns auch im kommenden Jahr an den 20 Wochen Aktionspräsenz der Friedensbewegung in Büchel beteiligen und unseren Teil dazu beitragen, daß der Fliegerhorst in Büchel immer stärker in den Fokus des Widerstandes rückt“, kündigte Tobias Kriele an. „Wir wissen nun, daß wir mehr werden und noch besser vorbereitet sein müssen.“
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek