320 Kommunistinnen und Kommunisten aus ganz Österreich strömten am ersten Novemberwochenende nach Graz. 105 Jahre nach Gründung der Kommunistischen Partei Österreichs berieten sie, wie die sechs bevorstehenden Wahlen gemeinsam genutzt werden können, um die KPÖ organisatorisch flächendeckend und österreichweit zu entwickeln. Eine Partei, „die Seite an Seite bei den Menschen steht“, formulierte Elke Kahr, die kommunistische Bürgermeisterin in Graz.
Zugleich wurde der Grundstein für die Nationalratswahl (vergleichbar mit der deutschen Bundestagswahl) im kommenden Jahr gelegt. Die mitgliederoffene Bundeskonferenz beschloss in großer Einigkeit, gemeinsam als „KPÖ – Kommunistische Partei Österreichs“ anzutreten. Spitzenkandidatin beziehungsweise -kandidat wurden der 33-jährige Bundessprecher Tobias Schweiger aus Wien, der die Wohnkampagnen bundesweit koordiniert, und Bettina Prochaska aus Salzburg, die seit 40 Jahren in der Pflege arbeitet. Sie wurden mit 88,9 beziehungsweise 91,9 Prozent der Stimmen für die beiden ersten Plätze der Landeslisten gewählt. Ihre Kandidaturen waren auf Basis marxistischer Standpunkte erarbeitet und vorbereitet worden. Damit werden auch personell die Schwerpunkte der zukünftigen gemeinsamen Arbeit und Wahlkämpfe repräsentiert. Soziale Themen, die der breiten Mehrheit der Menschen unter den Nägeln brennen, stehen im Mittelpunkt: Mieten und Wohnen, Teuerung und Wirtschaftskrise, Pflege und Gesundheit, Frieden und Neutralität, Klima, Ökologie und Bildung.
Auf der deutlich verjüngten Bundeskonferenz kamen zum ersten Mal seit 20 Jahren Mitglieder aus allen Bundesländern zusammen. Sie berieten am zweiten Tag in Programmforen Schwerpunkte und Formulierungen für das kommende Wahljahr und nutzten sie als Startschuss für den bundesweiten Austausch.
Durch die ermutigenden Ergebnisse der Wahlen in der Steiermark und Salzburg (Grazer Gemeinderatswahl: 29 Prozent, Salzburg Landtag: 12 Prozent), verbunden mit der große Einigkeit und in dem Willen, als nützliche Partei für und mit den Menschen voran zu kommen, öffnet sich ein Fenster für deutliche bessere Ergebnisse bei der Nationalratswahl. 2019 wählten 0,7 Prozent die KPÖ.
Zuvor freilich sind die zu bestehenden Wahlen wie die Arbeiterkammerwahlen in allen neun Bundesländern, die Gemeinderatswahlen in Salzburg und Innsbruck, die Oberbürgermeisterwahl in Salzburg, EU- und Nationalratswahlen sowie die Landtagswahlen in der Steiermark in gemeinsamer Kraftanstrengung für den Aufbau der Partei zu nutzen. In Wahlzeiten erhalten politische Themen erhöhte Aufmerksamkeit bei den Menschen. So kann für unsere Forderungen mehr Interesse geweckt werden.
Schon das offensive Antreten der KPÖ zur Nationalratswahl und der formulierte Anspruch, in den Nationalrat einziehen zu wollen, führte zu einem enormen österreichweiten Medienecho. Jahrelang war die KPÖ ignoriert worden. Für die gut gelaunten Kommunistinnen und Kommunisten steht das „gemeinsame Tun“ im Mittelpunkt. Elke Kahr ist guter Dinge, dass der Einzug in den Nationalrat gelingt und die KPÖ so „den arbeitenden Menschen im Land wieder eine Stimme gibt“.
In der Woche zuvor hatte die KPÖ-Fraktion als einzige im Grazer Gemeinderat gegen das Aufhängen der israelischen Fahne vor dem Rathaus gestimmt. „Wir begrüßen alle Initiativen der Stadt Graz für Deeskalation und für ein friedliches, respektvolles Zusammenleben, gegen die Dehumanisierung ganzer Menschengruppen. Und darum meinen wir, dass das Hissen einer Nationalflagge in diesem komplexen Konflikt nicht das richtige Zeichen ist. Wir können uns keineswegs auf die Seite der aktuellen Regierung Israels, geführt von Benyamin Netanjahu, stellen. Führende israelische Politiker:innen haben sich in einer Weise geäußert, die die Spirale der Gewalt nur weiter vorantreibt“, hieß es aus der KPÖ-Fraktion.
Unsere Autorin ist Mitglied im Landesvorstand der KPÖ Steiermark.