Auf über 100 Ostermärschen haben Menschen in Deutschland gegen den Kriegskurs der Bundesregierung und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel demonstriert. Rund 70 der traditionellen Friedensdemonstrationen fanden am Ostersamstag statt. Der Auftakt in Potsdam hatte bereits am 23. März stattgefunden. In Erfurt und Freiburg marschierten Menschen am Gründonnerstag für Frieden, in Bieberach, Bruchköbel, Gronau, Gütersloh und Schleswig an Karfreitag. An Ostersonntag zog der Ostermarsch Rhein-Ruhr von Essen über Gelsenkirchen und Herne nach Wattenscheid und Bochum, ein weiterer fand in Frankfurt/Oder statt. Weitere 30 Ostermärsche waren für Ostermontag angesetzt. Die Teilnehmerzahlen bewegten sich in etwa auf den Niveau des Vorjahres. Vereinzelte Ostermärsche wie der in Stuttgart meldeten unerwartet hohe Teilnehmerzahlen. Viele der Aufrufe richteten sich gegen Pläne der Bundesregierung, die Ausgaben für Rüstung immer weiter zu erhöhen, forderten Abrüstung und die Umwidmung von Rüstungsausgaben für zivile und soziale Zwecke.
In Berlin nahmen 5.000 bis 7.000 Menschen am Ostermarsch unter dem Motto „Kriegstüchtig – Nie wieder“ teil. Moderatorin Jutta Kausch von der Friedenskoordination Berlin forderte, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten müssten mittels Verhandlungen beendet werden. Auf Schildern und Transparenten warben Friedensfreunde etwa für Freundschaft mit Russland und verurteilten Israels Genozid in Gaza. Ein Banner forderte die Freilassung von Julian Assange. Der Journalist und Wikileaks-Gründer sitzt seit fast fünf Jahren ohne Urteil in Einzelhaft, weil er Beweise für Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan und im Irak veröffentlicht hatte.
In Bremen zogen laut Bremer Friedensforum etwa 2.000 Menschen durch die Stadt. Sie protestierten gegen Aufrüstung, Sozialabbau und die Beteiligung Deutschlands am Ukraine-Krieg. Sie forderten einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und die Einstellung der Waffenlieferungen an Israel. Das Bremer Friedensforum meldete, erstmals habe sich die palästinensische Community Bremens zahlreich am Ostermarsch beteiligt. Die Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic (BSW) prangerte in ihrer Rede die „Kriegsbesoffenheit“ großer Teile der deutschen Politik an.
In Düsseldorf folgten nach Polizeiangaben 1.000 Menschen dem Aufruf des Düsseldorfer Friedensforums. Sie demonstrierten unter dem Motto „Für Frieden, Abrüstung und internationale Solidarität – gegen Kriegstüchtigkeit und sozialen Kahlschlag“. Der Ostermarsch Rhein-Ruhr hatte den Düsseldorfer Ostermarsch in diesem Jahr nicht in seinem Flyer aufgeführt und das mit „Angst vor einer Unterwanderung von rechts“ begründet. Das sei absurd, erklärte Hermann Kopp vom Düsseldorfer Friedensforum. Das Forum sei „zwar heterogen, aber rechte Tendenzen oder Verschwörungstheorien sehe ich dort nicht“. Gegenüber UZ kritisierte Kopp, dass auch das Netzwerk Friedenskooperative den Düsseldorfer Ostermarsch aus seiner Liste gelöscht hätte, ohne den Schritt zu begründen. Der Termin fehlte in der bundesweiten Ostermarsch-Übersicht des Netzwerks, das seine Liste als „vollständig“ bezeichnet.
Das Münchner Friedensbündnis meldete, 1.800 Teilnehmer hätten sich in diesem Jahr zum Ostermarsch auf dem Marienplatz versammelt. Sogar die „Süddeutsche Zeitung“ stellte fest: „Es müssten Millionen sein, die in Zeiten des Krieges für Frieden auf die Straße gehen.“ Gewerkschafterin Linda Schneider (ver.di) rief zu einem „Kampf für Demokratie“ auf, der ein „Kampf gegen Militarisierung“ sein müsse. Der ehemalige Bundeswehroffizier Jürgen Rose nannte die NATO „das mächtigste und gewalttätigste Militärbündnis der Geschichte“. Die NATO sei die „größte Gefahr für den Weltfrieden“ und müsse „entsorgt werden“, nämlich auf dem „Schutthaufen der Geschichte“. Gegen „maßlosen Aufrüstungswahnsinn“ und „hysterische Kriegstreiberei“ zu protestieren, erfordere Mut. Wer für Frieden eintrete, werde oft als „Lumpenpazifist“ diffamiert „seitens zahlreicher politischer und journalistischer Claquere des Krieges“.
4.500 Menschen versammelten sich laut Veranstaltern in Stuttgart. Teilnehmer berichten, der diesjährige Ostermarsch sei der größte dort seit vielen Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten. Der Stuttgarter Ostermarsch ist zu einem der größten der BRD geworden. Ein großer Block der Palästina-Solidarität machte darauf aufmerksam, dass der 30. März in Palästina als „Tag des Bodens“ begangen wird. Dieser Tag erinnert an einen Generalstreik, mit dem sich Palästinenser gegen massiven Landraub der israelischen Regierung zugunsten von Siedlern in Galiläa zur Wehr setzten. Der Streik wurde blutig von israelischem Militär und Polizei niedergeschlagen. Senioren der IG Metall Stuttgart warben mit einem Transparent für die Initiative Gewerkschaften gegen Aufrüstung.
Die SDAJ entschuldigte sich in einer Pressemitteilung dafür, dass sie in diesem Jahr weniger zahlreich als sonst auf den Ostermärschen vertreten war. Um ihre programmatische Grundlage, das Zukunftspapier, angemessen diskutieren zu können, hatte die Jugendorganisation ihren Bundeskongress auf das Osterwochenende gelegt. In ihrer Eröffnungsrede auf dem Bundeskongress unterstrich die SDAJ-Bundesvorsitzende Andrea Hornung die Bedeutung der Ostermärsche: „Wir orientieren darauf, weil wir eine massive Aufrüstung erleben – bis hin zu Forderungen nach einer deutschen Atombombe. Wir orientieren darauf, weil die deutsche Bundesregierung einen großen Krieg auf deutschem Boden riskiert und ihn mit Militärmanövern wie Quadriga 2024 aktiv übt.“
Fotogalerie: