US-Streitkräfte prüfen Remilitarisierung des Flughafens. Pläne der Kommunen sollen ignoriert werden

Luftkrieg aus Gütersloh?

Wenn es um Vermarktung geht, lässt sich die Stadt Gütersloh nicht lumpen. „Impulse für neue Ideen“ und „Flächen zur Entwicklung“ verspricht das Hochglanzvideo, mit dem die Stabsstelle Konversion die Gebiete bewirbt, die früher militärisch genutzt wurden und bald einem zivilen Gebrauch zugeführt werden sollen. Ein Herzstück des Films ist der Flugplatz Gütersloh, ein 340 Hektar großes Gelände. Bis zum Abzug im Jahr 2016 war hier die britische Luftwaffe stationiert. Nun verspricht die Werbung „Raum für Visionen“, während die Kamera erst über den Hangar und dann über die malerisch grünen Felder fliegt, die das Gelände umgeben.

Im Jahr 1937 nahm die Wehrmacht den Flugplatz in Betrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog die britische Royal Air Force auf dem Gelände ein. Zwischen 1993 und 2016 wurde der Flugplatz von der British Army betrieben. Dort stationierte Helikopter waren unter anderem bei den völkerrechtswidrigen NATO-Kriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan und den Irak im Einsatz.

Mit dem Luftkrieg aus Gütersloh sollte nach 2016 endgültig Schluss sein. Jahrelang arbeiteten die Anliegerkommunen Gütersloh, Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz an den Plänen für eine friedliche Nutzung des Geländes. Der südliche Bereich mit Start- und Landebahn wurde unter Naturschutz gestellt und „wird langfristig als Nationales Naturerbe im Bundesbesitz verbleiben“, wie es auf der Homepage der Stadt Gütersloh noch immer heißt. Auf den ohnehin bebauten Flächen im Norden sollte ein interkommunales Gewerbegebiet entstehen. Zur Entwicklung des Geländes gründeten die drei Kommunen zusammen die Gewerbepark Flugplatz Gütersloh GmbH. Diese sollte das Gelände auch von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erwerben.

Doch seit dem vergangenen Jahr liegen die Planungen auf Eis. Grund ist ein sogenannter „Letter of Intent“, eine schriftliche Absichtserklärung der US-Armee. „Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten haben (…) ein grundsätzliches Interesse an der militärischen Nutzung (…) auf Grundlage des NATO-Truppenstatuts bekundet“, schrieb das Bundesfinanzministerium auf Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (BSW) im vergangenen Jahr. Sollten die US-Streitkräfte den „militärischen Bedarf an der Liegenschaft konkretisieren“, heißt es weiter, dann wäre der Bedarf „durch den Bund zu decken“. Denn die Bundesrepublik sei verpflichtet, „den Gaststreitkräften die Liegenschaft völkerrechtlich zur ausschließlichen Nutzung und für die Dauer ihres militärischen Bedarfs (zu) überlassen“. Diese Aufgabe sei „prioritär vor zivilen Nutzungen zu berücksichtigen“.

Sollte der Wunsch aus Washington also konkret werden, würde die Bundesregierung Naturschutz und kommunale Planungen in den Wind schlagen und den Flugplatz an die US-Streitkräfte abtreten. Doch dagegen regt sich Widerstand. „Durch die militärische Nutzung des Flughafens“ werde dieser zu einem „primären Ziel für Bombenangriffe in möglichen zukünftigen Konflikten“, warnt die „Initiative für eine friedliche Nutzung des Flugplatzgeländes Gütersloh“. Zudem könnte dann von „Gütersloh aus schweres Gerät zu den Kriegsschauplätzen dieser Welt“ transportiert werden, „um dort Tod und Verderben zu bringen“. Außerdem wären die Anwohner im Falle einer Remilitarisierung „durch Fluglärm, Unfälle und durch Luft- und Umweltbelastungen“ besonders gefährdet.

Um ihrer Forderung nach einer friedlichen Nutzung des Geländes Nachdruck zu verleihen, hat sich die Initiative mit einer offiziellen Anregung an den Kreistag und die Räte der Anliegergemeinden gewandt. Darin wird nicht nur vor den Gefahren für Anwohner, Frieden und Umwelt, sondern auch vor einer Aushebelung der kommunalen Selbstverwaltung gewarnt.

Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) zeigte sich davon bislang unbeeindruckt. Für die Kreisausschusssitzung am kommenden Montag empfiehlt er, die Anregung abzulehnen. Er begründet dies formal mit fehlender Zuständigkeit, aber auch damit, dass die „erneute militärische Nutzung (…) dem Erhalt des Friedens dienen“ würde. Schließlich stehe eine Stationierung von NATO-Streitkräften „in Einklang mit den Interessen der Bundesrepublik“. Die NATO ist für ihn ein Bündnis, das „Frieden, Demokratie, Freiheit und der Herrschaft des Rechts“ verpflichtet sei. Auf den in der Anregung der Initiative gegebenen Hinweis, dass die USA in Gütersloh „international geächtete Streubombenmunition oder auch Uranmunition“ umschlagen könnten, geht er in seinem Sermon nicht ein.

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"Luftkrieg aus Gütersloh?", UZ vom 23. Februar 2024



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