Der Mittwochmorgen ist noch kühl. Aus der U-Bahn an der Konstablerwache in Frankfurt am Main ziehen am 27. September einige Menschen in Richtung Gerichtsstraße. In kleinen Grüppchen trifft man auf die stetig wachsende Gruppe vor dem Landgericht. Am Ende sind es mehr als 100 Menschen. Viele kennen sich, man grüßt nett. Angespannt gucken die Wenigsten. Gewohnt souverän und mit geradem Rücken steht Luca S. an einer Lautsprecheranalage. Es geht um letzte Absprachen, gleich beginnt die Kundgebung.
Anlass ist das Revisionsverfahren gegen ihn. Ursprünglich war es für diesen Tag angesetzt. Dann häuften sich die Unregelmäßigkeiten im Verfahren. Die Welle an Solidarität wird ihr Übriges getan haben. Zahlreiche Solidaritätserklärungen und eine Petition mit knapp 4.000 Unterschriften fordern seinen Freispruch. Das Landgericht reagierte kurzfristig mit der Verschiebung des Verfahrens auf Ende Januar 2024. Offiziell wegen eines Betriebsausflugs, den man vergessen hätte. Dubios.
Luca S. wird vorgeworfen, auf der Revolutionären 1.-Mai-Demo in Frankfurt am Main 2021 einen Polizisten verletzt zu haben. In einem erstinstanzlichen Verfahren wurde er zu 90 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Dabei war auf Videoaufnahmen der Demonstration zu sehen, dass Luca S. sich zu einem Verletzten herunterbeugte und einen Rauchtopf entfernte, der direkt neben diesem auf dem Boden lag. Die Staatsanwaltschaft zeigte nichtsdestotrotz eine hohe Verfolgungsbereitschaft und ging sogar in Revision, um ein noch härteres Urteil zu erreichen.
Luca S. befindet sich in der Ausbildung zum Haupt- und Realschullehrer und hätte im November 2023 sein Referendariat beginnen sollen. Noch bevor das Urteil rechtskräftig wurde, erklärte das Hessische Kultusministerium, Luca S. sei aufgrund seiner Verurteilung nicht für den Lehrerberuf geeignet. Thilo Hartmann, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Luca S. ist nicht nur von einem Berufsverbot bedroht, sondern genau genommen von einem Ausbildungsverbot, was möglicherweise noch schlimmer ist.“ Barbara Lautermilch, Initiatorin des Solidaritätskomitees „Lasst Luca Lehren“ und Anmelderin der Kundgebung, sprach von einer offensichtlich politisch motivierten Verfolgung. Sie kündigte die Gründung eines bundesweiten Solidaritätskomitees an. Silvia Gingold, in den 1970er Jahren als Tochter antifaschistischer Widerstandskämpfer selbst eine prominente Betroffene eines Berufsverbotes, zeigte sich in einer verlesenen Solidaritätsbotschaft entsetzt, dass mit dem Fall Luca S. die Berufsverbotspraxis der 1970er und 1980er Jahre zurückzukehren scheint. Luca S. selbst bedankte sich in einer Ansprache für die zahlreichen Solidaritätsbekundungen und zeigte sich optimistisch, dass „das Kalkül des Gerichts, den Fall bis Januar in Vergessenheit geraten zu lassen“, nicht aufgehen werde.
Am 31. Januar wird Luca S. erneut vor dem Landgericht stehen. Jeden Tag kommen mehr Unterschriften unter seiner Petition zustande. Es häuft sich das mediale Interesse, es häufen sich die Nachfragen zur Mitarbeit im Solidaritätskomitee, es häuft sich die Wut. Seid solidarisch mit Luca, unterschreibt die Petition und verbreitet sie, spendet, wenn ihr könnt. Lasst Luca lehren!
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