Die DKP hat ein selbst für ihre Verhältnisse schlechtes Wahlergebnis bei den EU-Wahlen erzielt. In der Partei wird über die Ursachen diskutiert. Die UZ hatte deshalb in der Ausgabe vom 19. Juli Beiträge zur Auswertung des Wahlkampfs veröffentlicht und dazu aufgerufen, weitere Debattenbeiträge zu den Erfahrungen, Kritik und Einschätzungen zum EU-Wahlkampf der DKP einzusenden. In dieser Ausgabe veröffentlichen wir eine erste Auswahl dieser Debattenbeiträge, weitere werden wir in der UZ-Ausgabe am 23. August veröffentlichen.
Zunächst: Ich bin angenehm überrascht über die realistische Einschätzung des Wahlergebnisses und die ernsthafte Fehlersuche. Erstaunlicherweise für eine Partei des dialektischen Herangehens fehlt aber jede Analyse der akuten Situation und des allgemeinen Bewusstseinsstandes.
Ich persönlich halte die Losung „Raus aus der EU!“ für grundfalsch, bietet sie doch als Alternative nur die Rückkehr in den imperialistischen Raubstaat BRD – und das bei weiter international, also in der Vorhand agierendem Transnationalem Kapital, das immerhin fast zwei Drittel des BIP erbringt. Dass wir den offenen Nationalisten oder gar Faschisten damit Stimmen abjagen könnten, hat wohl keiner erwartet. Nicht einmal gewisse AfD-Protestwähler, die „nur denen da oben mal die Faust zeigen wollen“ werden wir damit zurückgewinnen.
Dazu kommt, dass bei allem berechtigten Unwohlsein an den EU-Strukturen und der herrschenden Politik die Mehrzahl der Europäer die EU für Reisen, Austausch und friedlicheres Europa (allerdings ohne GUS und Belarus!) durchaus schätzt.(Wäre ja auch im Hauptnutznießerland der EU merkwürdig – guckt euch mal die Lage der unteren 65 Prozent in anderen EU-Ländern an!) Damit waren die Plakate EU = Krieg, EU = Flucht, EU = … nur mit einer grundlegenden und durchaus widersprüchlichen Erläuterung eingängig. Mich haben sie (bei allem vorhandenen Klassenbewusstsein!) nicht überzeugt, denn die Internationalisierung des Klassenkampfes über Solidaritätsgesten hinaus ist ein historisches Muss, das wir mit konkreten Maßnahmen fördern müssen, wie wir auch das bürgerliche Projekt Nationalstaat erst zu einem Kampffeld ausbauen konnten.
Um zum Schluss nochmal auf die Dialektik zwischen vorgefundener Situation und unseren Möglichkeiten zu kommen … So nötig es wäre, wir stehen nicht am Vorabend einer sozialistischen Umwälzung – „Wem gehören die Arbeitsmittel und wer bestimmt ihre Verwendung?“ Die absolut richtigen Bemerkungen der Gießener GenossInnen zur Notwendigkeit einer grundsätzlich neuen Ordnung sind ein ideologisches Manifest, aber das ersetzt nicht ein politisches Programm für eine bestimmte historische Situation. Ich habe schon in vielen Bewegungen mit latentem bis offenenem Antikommunismus für Frieden, soziale Verbesserungen und – leider erst neuerdings – Umwelterhalt mitgekämpft. Und erst im langen gemeinsamen Kampf haben verschiedene Gruppierungen mich und meine Weltanschauung als nützlich erkannt. Ohne ein deutliches Erstarken solcher Interessenbewegungen an Zahl und Wissen und Aktivität wird auch eine größere KP keine durchschlagenden Erfolge erzielen können.