Urheber und Übersetzer fordern angemessene Einnahmen

Löcher im Urheberrecht

Von Herbert Becker

Der Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller hat gemeinsam mit der Bundessparte Übersetzerinnen und Übersetzer in ver.di eine Erklärung veröffentlicht, die die neue Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien auffordert, die Urheberrechte im „digitalen Zeitalter“ eindeutig zu wahren und besser durchzusetzen.

Die neuen Möglichkeiten, digital zu publizieren, erleichtern für viele Menschen den Zugang zu literarischen und wissenschaftlichen Texten. Es kann immer und überall gelesen werden. Die Erlöse aus den so genannten „e-books“, den daraus abgeleiteten Lizenzen und der digitalen Vervielfältigungen sind deutlich geringer als bei „normal“ gedruckten Werken. Die Vergütung von Autoren und Übersetzern ist aber nicht angemessen, denn die Rechte der Urheber sind nicht ausreichend geschützt, Autoren und Übersetzer stehen erst am Ende der „Nahrungskette“.

Gefordert wird, dass gemeinsame Verwertungsgesellschaften von Verlegern und Urhebern eine für angemessene Vergütung wirksame Form wären und solche VGs eine stabile Rechtsgrundlage benötigen. Bedarf besteht besonders bei der Vergütung aus Geräte-, Speichermedien- und Betreiber­einnahmen, hier hat die sogenannte „Kappungsgrenze“, also die Deckelung der Vergütung, erhebliche Einnahmeverluste für die Urheber zur Folge. Zudem verlagert sich das erlaubte, aber vergütungspflichtige Kopieren zunehmend auf andere Trägermedien und -techniken, deren Anbieter derzeit noch nicht zahlungspflichtig sind.

Eine immer wichtigere Rolle spielen hierbei die in der „Cloud“ verfügbaren Angebote zur Speicherung digitaler Daten, also auch urheberrechtlich geschützter Werke. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, den Vergütungsanspruch auch für diese Nutzungsvorgänge sicherzustellen und durchsetzbar auszugestalten, etwa durch einen der Betreibervergütung nachgebildeten Anspruch gegen die Anbieter von Cloud-Diensten.

Dabei wäre eine Regelung wünschenswert, die nicht auf bestimmte technische Verfahren abstellt, sondern alle Geräte, Speichermedien und Angebote einbezieht, die bei der Erstellung erlaubter Kopien genutzt werden können. Maßstab für die Höhe darf nur das Ausmaß der tatsächlichen Nutzung und der Wert der genutzten Werke sein. Durch die technische Entwicklung überholt sind auch die Bestimmungen zur Betreibervergütung. Zahlungspflichtig sind nur Einrichtungen, die Vervielfältigungen „im Weg der Ablichtung“ herstellen, also Kopien auf Papier. Mittlerweile geht die Bedeutung dieser Form der Werk­nutzung deutlich zurück, während in Bildungseinrichtungen, Bibliotheken oder Copyshops zunehmend digitale Kopien angefertigt werden – eine Entwicklung, die der Gesetzgeber kennt und durch das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) noch massiv fördern will. (Die digitale Nutzung von wissenschaflichen Werken soll nach diesem neuen Gesetz in hohem Maße von jeglichen Vergütungsansprüchen freigestellt werden.) Diesem Wandel soll der Gesetzgeber Rechnung tragen, damit der Vergütungsanspruch auch digitale Kopien erfasst und nicht letztlich funktionslos wird.

Die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken auf Plattformen und Diensten wie YouTube, Facebook und Twitter hat ein erhebliches Ausmaß erreicht, die urheberrechtliche Vergütung ist aber weithin strittig. Betroffen sind nicht nur audiovisuelle Werke, sondern auch Sprachwerke. Die von Privatpersonen vorgenommene Distribution – oft irreführend als „user generated content“ bezeichnet – verdrängt die vergütungspflichtige Privatkopie und hat damit verglichen eine enorme Reichweite. Es ist nicht hinzunehmen, wenn die auf Plattformen stattfindende Form der Werknutzung vergütungsfrei bliebe. Auch hier ist eine Kompensation nötig, vorzugsweise durch einen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegenüber Plattformbetreibern, der nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann. Die Plattformen und Dienste sind dabei wegen ihrer strukturierenden Funktion als Nutzer in die Verantwortung zu nehmen, jedenfalls aber als Vergütungsschuldner.

Eine ähnliche Entwicklung findet übrigens bei den Mediatheken der Rundfunkveranstalter statt. Von der Sendezeit unabhängiger Zugang zu den Inhalten wurde früher zusätzlich über Geräte und Speichermedien vom Verbraucher vergütet, findet heute aber vielfach ohne gesonderte Vergütung statt. Einen angemessenen Ausgleich für die Urheberinnen und Urheber gibt es bislang nicht. Auch hier fordern die Initiatoren die Einführung eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs.

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"Löcher im Urheberrecht", UZ vom 24. November 2017



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