Außenministertreffen USA-Russland nicht völlig erfolglos

Lockerungsübungen in Reykjavik

In die Beziehungen zwischen den USA und Russland kommt Bewegung. Das US-Außenministerium bemühte sich sichtlich um die Verbesserung der in der Tat miserablen Beziehungen zur russischen Diplomatie. Vor ein paar Wochen hatte es noch ganz anders geklungen, als US-Präsident Joseph Biden den russischen Präsidenten einen „eiskalten Killer“ genannt hatte. Nun wollte US-Außenminister Antony Blinken gern ein Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Dass es dann am Rande des routinemäßigen Meetings des Arktischen Rates – eines Forums der arktischen Anrainerstaaten (Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden, USA) – in Reykjavik tatsächlich dazu kam, gilt an sich schon als bemerkenswert.

Die US-Diplomatie versucht das Umfeld für ein Treffen der Präsidenten beider Staaten vorzubereiten. US-Präsident Biden wolle eine „berechenbare, stabile Beziehung zu Russland“ aufbauen, so Blinken. Die russische Seite hat dagegen klargestellt, dass sie ein Treffen nur dann für sinnvoll erachtet, wenn dabei eine substantielle Agenda bearbeitet werden kann. Wladimir Putin will ganz offensichtlich vermeiden, als Staffage für einen belanglosen Fototermin missbraucht zu werden, der nur der US-Regierungs-PR dient. Entsprechend zurückhaltend reagiert Moskau auf die US-amerikanische Offerte.

Über den genauen Inhalt des Blinken/Lawrow-Gesprächs ist nicht allzu viel bekannt. Nach Auskunft der US-Seite hat Blinken die ganze Litanei der US-amerikanischen/westlichen „Besorgnisse“ – angefangen von der russischen Militärpräsenz an der russisch-ukrainischen Grenze bis hin zum Gesundheitszustand des „Kremlkritikers“ Nawalny – heruntergebetet. Da kaum daran zu zweifeln ist, dass Blinken, ähnlich wie beim Treffen USA-VR China in Anchorage, auch Lawrow mit diesen scheinheiligen Vorhaltungen gekommen ist, dürfte er bei dem Russen ebenso wie schon zuvor bei seinen chinesischen Gästen auf Granit gebissen haben. Die Zeiten, in denen sich Russen wie Chinesen mit einer derartigen Bigotterie zur Akzeptanz der „regelbasierten Ordnung“ – genauer gesagt der US-amerikanischen globalen Vorherrschaft – drängen lassen, sind vorüber. Lawrow betonte, man sei bereit, „ausnahmslos alle Themen zu diskutieren, aber unter der Voraussetzung, dass die Diskussion ehrlich geführt“ werde: „Mit den Fakten auf dem Tisch und natürlich auf der Basis des gegenseitigen Respekts und der Suche nach einem ausgewogenen Ausgleich der gegenseitigen Interessen“.

Soweit bekannt, hat Blinken vor allem die Lage in der Ukraine thematisiert. Klar geworden ist, dass das westliche Powerplay mit angloamerikanischen Kriegsschiffen im Schwarzen Meer, mit Militärmanövern im Baltikum an der russischen Grenze sowie dem ukrainischen Aufmarsch an der Grenze zu Donezk und Lugansk und auch in Richtung Krim gescheitert ist. Ebenso ist der westlich orchestrierte Putsch in Belarus gescheitert. Der US-Einfluss in Russland wurde effektiv begrenzt, Nawalny spielt in der russischen Innenpolitik keine Rolle. Es hat sich gezeigt, dass das Weiße Haus aus guten Gründen derzeit einen militärischen Konflikt im Bereich der Ukraine vermeiden möchte. Russland pocht weiterhin auf die Umsetzung des Minsker Abkommens. Es gibt für den unerschütterlichen Sergej Lawrow wenig Gründe, hier Zugeständnisse machen zu müssen.

Die russische Seite wies dagegen darauf hin, dass die Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern ein Erbe der scheidenden Obama-Regierung gewesen sei. Obama hatte angesichts des sich abzeichnenden Wahlsieges von Donald Trump und der damit einsetzenden Russlandhysterie unter anderem 35 russische Diplomaten ausgewiesen und russischen Immobilienbesitz enteignet. Russland hatte nach langem Warten reagiert und dann seinerseits US-Diplomaten ausgewiesen. Die diplomatischen Vertretungen beider Länder waren nach und nach, auch unter Trump, weiter auf eine absolute Minimalbesetzung zurückgefahren worden. Lawrow betonte nach dem Gespräch, er habe den Eindruck, die US-Seite habe verstanden, dass eine Verbesserung der Lage wünschenswert sei. Aber es seien noch viele Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Ein „Okay“ für ein Treffen Putin-Biden war von ihm nicht zu hören.

Sergej Lawrow und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi haben klargestellt, dass sie die „regelbasierte Ordnung“, nach der Washington befiehlt und alle übrigen zu gehorchen haben, nicht weiter akzeptieren werden. Die Welt hat sich verändert. China hat die USA, gemessen in kaufkraftbasierter Wirtschaftskraft, 2017 überholt. Russland hat seine militärischen Fähigkeiten so weit entwickelt, dass das Pentagon keinen Angriff wagen kann, wenn es nicht Gefahr laufen will, Selbstmord zu begehen. Die Staaten der eurasischen Kooperation – insbesondere Russland, China und Iran – arbeiten eng zusammen und kreieren eine infrastrukturell durchdrungene, industriell und technologisch auf höchstem Niveau operierende Großregion, die mit Abstand größte der Welt, welche währungspolitisch unabhängig und sanktionssicher vor den irrationalen Angriffen des niedergehenden Imperiums geschützt ist. Das ist es, was Lawrow und Wang den Querschüssen aus Washington so gelassen gegenübertreten lässt.

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