Zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat

Lizenz zum Töten

Jan Pehrke

Das Pflanzengift Glyphosat kam 2017 nur mit freundlicher Unterstützung des damaligen deutschen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt zu einer Zulassungsverlängerung um fünf Jahre. Der CSU-Politiker verstieß gegen die Koalitionsabsprache und machte dem Bayer-Herbizid mit seinem „Ja“ den Weg frei. Nun gab es Hoffnung auf das Ende der Zulassung, zumal sich auch neues Belastungsmaterial angesammelt hatte: 165.000 Klagen von Glyphosat-Geschädigten gegen den Leverkusener Multi und zahlreiche neue Krebsstudien mit eindeutigem Befund. Dementsprechend zeigten sich die Mitgliedsländer bei den EU-Abstimmungen skeptisch. Weder im „Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ noch im Berufungsausschuss erhielt das Pestizid die erforderliche qualifizierte Mehrheit. Aber die EU-Kommission focht das nicht an. Sie beugte sich dem Lobby-Druck des Bayer-Konzerns und erteilte dem Mittel gegen alle wissenschaftliche Evidenz für zehn weitere Jahre die Lizenz.

„Neue Bedingungen und Einschränkungen“ – das soll als Instrument gegen die vielen Risiken und Nebenwirkungen reichen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit selbst hatte mehr als 20 Datenlücken in den von Bayer & Co. eingereichten Unterlagen zu möglichen Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt entdeckt. Den Umgang damit überlässt die Kommission nun den Mitgliedsländern. Sie haben die Möglichkeit, Zusatzauflagen zu erteilen. Von der Leyen & Co. untersagten nur den Einsatz des Gifts kurz vor der Ernte generell.

Auch Deutschland stellte sich nicht gegen Glyphosat, weil die FDP das nicht wollte. Der Vertreter der Ampel-Koalition enthielt sich bei beiden Ausschusssitzungen der Stimme. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir konnte oder wollte die Liberalen nicht auf die Einhaltung der Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag verpflichten, die da lautete: „Wir werden Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt nehmen.“ Nun will er prüfen, „welche nationalen Handlungsmöglichkeiten wir haben, um den Koalitionsvertrag so weit wie möglich umzusetzen“. Im Falle von drastischen Maßnahmen wie einem deutschen Glyphosat-Verbot hat Bayer vorsorglich Klage angedroht.

Unser Autor ist leitender Redakteur der Zeitschrift „Stichwort BAYER“, die von der Coordination gegen Bayer-Gefahren herausgegeben wird.

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"Lizenz zum Töten", UZ vom 24. November 2023



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