Maas will „Bündnis der Hilfsbereiten“ und das Sterben im Mittelmeer geht weiter

Lieber reden als handeln

Von Nina Hager

Am Montag tagten die Außenminister der EU-Staaten in Brüssel und berieten über die EU-Flüchtlingspolitik. Dabei wurde ein Vorschlag von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) diskutiert. Maas hatte nach den Geschehnissen um die privaten Seenotrettungsschiffe „Sea Watch 3“ und „Alan Kurdi“ in der vorigen Woche „ein Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus“ für die aus dem Mittelmeer geretteten Menschen gefordert und angeregt, dass EU-Staaten feste Kontingente aufnehmen. Er garantierte einen substantiellen Beitrag Deutschlands, wenn man sich auf einen Verteilmechanismus einige.

Die CDU hatte den Bundesaußenminister nach dessen Vorstoß zur Zurückhaltung ermahnt. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, sagte am Wochenende: „Natürlich müssen wir Menschen vor dem Ertrinken retten. Auf der anderen Seite müssen wir Migration steuern. Der eigentlich richtige Weg wäre, die Menschen dorthin zurückzubringen, von wo sie aufgebrochen sind, und dort für vernünftige Verhältnisse zu sorgen“. FDP-Chef Christian Lindner wurde zuvor noch deutlicher: Man solle nicht allen den Weg nach Europa öffnen. Er bekräftigte, dass die Rettung von Migranten aus akuter Seenot nicht infrage gestellt werden dürfe, forderte jedoch, mit „dem Flüchtlingshilfswerk der ‚Vereinten Nationen‘ in Nordafrika menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten und legale Fluchtwege nach Europa“ zu schaffen. Notwendig, so Lindner, sei eine Seenotrettung in staatlicher Hand, die Migranten „aber nicht nach Europa bringt, sondern zunächst an den Ausgangspunkt der jeweiligen Reise“.

In den vergangenen zwei Wochen ist die Zahl der im Mittelmeer Ertrunkenen weiter gestiegen. Eine staatlich-zivile Seenotrettung gibt es in der Region nicht. Ende März hatten die EU-Staaten beschlossen, aufgrund des Dauerstreits mit der italienischen Regierung wegen der Aufnahme geretteter Flüchtlinge die militärische Mission „Sophia“ vor der libyschen Küste Ende September einzustellen. Im Rahmen der Mission konnten bisher viele Menschen gerettet werden. Sie sollte vor allem der Verhinderung und der „Bekämpfung“ von Menschenschmuggel dienen. Ende Juni beendete die Bundesregierung die deutsche Beteiligung an „Sophia“. Schon zuvor waren Schiffe, die vor der libyschen Küste im Einsatz waren, abgezogen worden.

Viele Handelsschiffe haben – laut dem Diakon der Deutschen Seemannsmission, Markus Schildhauer – ihre Routen geändert und fahren nicht mehr in den entsprechenden Gewässern: „Die Reedereien nehmen die Kosten von längeren Routen in Kauf, um sich nicht dem Vorwurf der indirekten Schlepper-Hilfe auszusetzen.“ Italiens Innenminister Salvini droht, die Strafen für Seenotretter auf bis zu einer Million Euro zu erhöhen. Die wenigen privaten Rettungsschiffe, die in entsprechenden Regionen noch unterwegs sind, und nicht wenige retten, können das Sterben der anderen nicht verhindern. Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks, Filippo Grandi, und der der Organisation für Migration, Antonio Vitorino, forderten am vergangenen Donnerstag die Europäer auf, ihre eingestellten Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer wieder aufzunehmen.

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"Lieber reden als handeln", UZ vom 19. Juli 2019



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