Weit über 100 000 Menschen sind aus Ghouta im Osten von Damaskus in die Auffanglager der syrischen Armee geflohen. Viele der Flüchtlinge waren Frauen – und viele von ihnen waren tief verschleiert. Die Städte und Dörfer in Ghouta – ein Flickenteppich aus ländlichen Gebieten und Vororten – gehörten schon immer zu den konservativsten Gebieten Syriens.
Im Krieg gegen Syrien wurden von hier aus Selbstmordanschläge geplant und ausgeführt, Damaskus wurde mit Granaten und Raketen beschossen. Zu den Gruppen, die hier aktiv waren, zählte das Bündnis Tahrir al-Sham, zu dem auch die Al-Nusra-Front gehört. Ghouta schien lange Zeit unangreifbar, nachdem es über Jahre militärisch ausgebaut wurde, mit einem Netz von Tunneln, aus denen immer wieder Überraschungsangriffe geführt werden konnten.
Doch Anfang des Jahres begann die syrische Armee mit einem massiven Truppenaufbau, die russische und syrische Luftwaffe griffen Stützpunkte der Dschihadisten in Ghouta an. Vor vier Wochen begann der Angriff, in dem die syrische Armee zunächst in die ländlichen Gebiete vorrückte.
Dank der großen militärischen Übermacht gelang es, Ghouta in drei Gebiete aufzuspalten. Eines davon war Harasta unter der Kontrolle von Ahrar al-Sham, einer dschihadistischen Organisation, die von der Türkei unterstützt wird. Hier kam es schnell zu einer Verhandlungslösung. Angesichts der militärischen Übermacht der Armee erklärten sich die Bewaffneten bereit, die Stadt zu räumen und nach Norden abzuziehen, womöglich nach Afrin im Dienst ihrer türkischen Auftraggeber.
Das nächste Ziel war Ain Tarma. Nach heftigen Kämpfen im Umland erklärten sich die Dschihadisten auch hier bereit, nach Norden abzuziehen. Ihnen schlossen sich die Dschihadisten in Arbin, Jobar und Zamalka an.
Soweit vorläufige Zahlen vorliegen, wurden bisher ungefähr 10 000 Menschen nach Norden gebracht. Es handelt sich dabei um die bewaffneten Dschihadisten selbst, ihre Frauen und Kinder und andere Zivilisten, die der Ideologie der Dschihadisten nahestehen. Etwa ein Drittel dieser Personen sind bewaffnete Kämpfer.
Noch ist der Kampf um Ghouta nicht beendet. Die Stadt Duma steht immer noch unter Kontrolle der Dschaisch al-Islam. Dschaisch al-Islam wird finanziell und logistisch von Saudi-Arabien unterstützt. Die syrische Armee machte mehrmals Angebote für eine Übereinkunft, bis hin zu dem Vorschlag, die Dschihadisten könnten als eine Art Polizei in Duma verbleiben und müssten nur ihre schweren Waffen abgeben – bisher ohne Erfolg. Doch scheint es, als seien Verhandlungen unter Vermittlung der russischen Armee im Gange.
Ghouta war die letzte Trumpfkarte im Kampf gegen die Regierung. In unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt Damaskus bot Ghouta eine ideale Ausgangsbasis für Angriffe. Die konservative Bevölkerung bot den ideologischen Hintergrund für die Aktivitäten der Dschihadisten.
Heute ist die Ablehnung der Dschihadisten in Ghouta unübersehbar. Zivilisten flohen aus Ghouta, die syrische Armee wurde als Retter begrüßt. Die Flucht der Zivilisten bot die Voraussetzung, um die Herrschaft der Dschihadisten zu beenden.