Den Leserinnenbrief von Barbara Kuprat für den DKP Frauenarbeitskreis Essen möchte ich mit einer 2001 gestellten Frage der wunderbar reflektierten Feministin Monika Gerstendörfer kommentieren: „Warum laufen selbst solche Feministinnen, denen die Frauenbewegung viel zu verdanken hat und die ansonsten differenziert denken und schreiben, immer noch doppelblind herum, wenn es um das Thema ‚Prostitution‘ geht?“
So fragte ich mich beim Lesen des Briefes: Wie können Sie ein Verbot von Prostitution fordern? Wie kann es sein, dass Sie sich für die Beschneidung von Arbeiterinnen-Rechten stark machen? Verbote der Prostitution helfen niemandem, vor allem nicht den in ihr tätigen Sexarbeiterinnen. Das sehen wir dann, wenn wir uns Länder ansehen, in denen Prostitution verboten ist. In den USA z. B. sind viele Mütter inhaftiert, da sie durch Prostitution ihre Kinder ernährten. Begrüßen Sie das etwa?
Glauben Sie, wenn es ein Migrations-Verbot gäbe, dass in allen Ländern dieselben Standards zu Sicherheiten herrschen würden und niemand mehr aus ökonomischen oder sozialen Gründen zu migrieren bräuchte? Glauben Sie, dass durch ein Verbot der Ehe Männer damit aufhören würden Frauen zu schlagen, und Frauenhäuser überflüssig würden?
Ja, eine Welt, in der sich niemand prostituieren muss, die wäre wunderbar. Aber denken Sie ernsthaft, wir erreichen die kommunistische Revolution durch Verbote innerhalb kapitalistischer und patriarchaler Verhältnisse? Vermutlich denken Sie, ein Verbot von Sexkauf sei ein deutliches Zeichen, dass Prostitution nicht gewünscht ist, damit Männer nicht denken, Frauen seien kaufbar oder mietbar? Prima, dann verbieten wir aber auch den Beruf der Putzfrau, damit niemand denkt, es liege in der Natur der Frauen zu wischen. Es gibt zahlreiche Frauen die nicht elitär ausgebildet sind und für die die Prostitution eine Möglichkeit bietet, sich zu finanzieren. Dies zu sehen, heißt, den Zusammenhang von Rassismus, Sexismus und Klassizismus zu begreifen und die Stimmen der Arbeiterinnen, hier der Sexarbeiterinnen, ernst zu nehmen. Darüber hinaus zeigt das schwedische Beispiel, dass ein Verbot von Sexkauf nicht die Prostitution eliminiert und erst recht nicht die Prostituierten unterstützt.
Noch zwei inhaltliche Bemerkungen zum Leserinnenbrief: Dass Sexarbeiterinnen in der Prostitution zum Teil weniger Profit einheimsen als BetreiberInnen, liegt an den Strukturen des Gewerbes; an seiner erzwungenen Halb-Legalität, die durch Gesetze die die Prostituierten einschränken entstehen. Und die von Ihnen kritisierte Bezeichnung „Sexarbeit“ haben politisch aktive Huren in den USA Ende der 1970er Jahre erschaffen, der Begriff soll deutlich machen, das es sich beim Prostitution um Arbeit handelt; es ist eine Selbstbezeichnung. Beides sind Aspekte, die Sexarbeiterinnen immer wieder betonen: Sie benötigen die selben Rechte wie andere Arbeiterinnen auch, kein Mitleid und keine Stigmatisierung.
Nochmal Monika Gerstendörfer: „So sehr sich die Frauenbewegung auch bemüht, sich vom universal geltenden oder aufoktroyierten Opferstatus der Frau zu befreien, so wenig ist ihr das in Bereich der Prostitution gelungen.“
Ich freue mich sehr, dass es so reflektierte und nachdenkende Menschen wie Frank Laubenburg gibt.