Die „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“ (GDL) und vor allem ihr Vorsitzender Claus Weselsky sind bekannt für provokante Auftritte. Weselsky möchte die Deutsche Bahn als einheitliches Bahnunternehmen zerschlagen und tut sich dabei auch mit Unternehmensverbänden zusammen, anstatt sich für einen einheitlichen öffentlichen Schienenverkehr als Bestandteil einer Daseinsvorsorge einzusetzen. Weselsky macht immer wieder deutlich, dass ihn außerhalb seines Standes der Lokführer bestenfalls noch das Zugbegleitpersonal interessiert. Weselsky schrieb sich die Spaltung der Bahnbeschäftigten auf die Fahne, als er Tarifverträge für Berufsgruppen aus dem Boden stampfte, die mangels Mitgliedern nirgendwo gelten. Weselsky hetzt gegen eine streikende Gewerkschaft und bezeichnet deren Arbeitskämpfe als Schmierentheater.
Doch jetzt legte der GDL-Vorsitzende noch eine Schippe drauf, als er verkündete, seine Organisation gründe eine eigene Leiharbeitsbude unter dem Namen „Fair Train eG“. Weselsky fordert die GDL-Mitglieder auf, auch Mitglied beim Verleihunternehmen zu werden, das in einigen Monaten den Betrieb aufnehmen will. Damit will sich die GDL den Facharbeitermangel zunutze machen, denn auch bei der DB AG fehlen einige hundert Lokführer.
Weselskys „Idee“ ist im Grunde nichts anderes als die Selbstprivatisierung einer Berufsgruppe. Wie er das Versprechen der „Fairen Tarifverträge und arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen“ umsetzen will, bleibt sein Geheimnis. Zunächst müssten sich die Lokführer vom gesamten – von der GDL ausgehandelten – Tarifwerk einschließlich betrieblicher Sozialleistungen und Altersvorsorge bei der DB verabschieden. Dazu motiviert hat Weselsky die vermeintlich schlechte Bezahlung der Lokführer. Dabei hat er sich in den letzten Jahren doch immer wegen hoher Abschlüsse gerühmt.
Selbst wenn ein Bahnunternehmen sich aufgrund von Personalmangel auf diese Firma einlassen würde, müsste eine Verleihfirma, um Umsatzerlöse zu erzielen, nicht unfreundliche Zeiten oder Arbeitsorte annehmen? Oder soll der Mangel genutzt werden, um bessere Bedingungen exklusiv für Leihkräfte durchzusetzen – was auf Kosten der Stammbeschäftigten ginge? Entsprechende Erfahrungen gibt es im Gesundheitswesen.
Außerdem: Alle Versuche, sich innerhalb einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung den Marktgesetzen durch „faire“ Gesellschaften zu entziehen, sind regelmäßig gescheitert. Weselsky wird damit nichts anderes erreichen, als auch die letzten 18 von 300 Betrieben der DB AG, für die noch seine Tarifverträge gelten, zu verlieren.
Leiharbeiter aus Gewerkschaftshand?
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