Betr.: „Prinzip Missbrauch“ von Lars Mörking, UZ vom 27. November 2015

Leiharbeit verbieten!

Von Ludwig Jost, München

Liebe Genossinnen und Genossen, leider problematisiert der Artikel von Lars Mörking nicht, dass der Gewerkschaftstag der IG Metall am 23. 10. 2015 die Forderung nach einem Verbot der Leiharbeit abgelehnt hat. Zu der dazu aus den IGM-Verwaltungsstellen Braunschweig und Franfurt a. M. gestellten Forderung, hat der IGM-Vorstand die Antragsberatungskommission u. a. erklären lassen: „Darüber haben wir in der IG Metall schon ziemlich viel und lange diskutiert, und wir haben uns auch positioniert. Selbst dann, wenn die beste Leiharbeit die ist, die nicht stattfindet, ist es doch so, dass wir die Leiharbeit als Instrument akzeptiert haben. Aber ein Verbot der Leiharbeit steht aus unserer Sicht nicht zur Debatte. Das ist aus rechtlichen Gründen auch gar nicht möglich.“

Die angeblich rechtliche Unmöglichkeit wird mit dem Urteil des Bundsverfassungsgerichts vom 4. April 1967 begründet, mit dem die bis dahin verbotene Leiharbeit als „gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung“ zugelassen wurde. Um dieses zur Klassenspaltung und Entrechtung gegen uns als Lohnabhängige und vor allem gegen die Erwerbslosen gerichtete „Instrument“ durchzusetzen, haben sich die Verfassungsrichter auf Artikel 12 des Grundgesetzes – „Berufsfreiheit“ – berufen. Hierbei ging es um nichts anderes, als um die Berufsfreiheit der bis heute in den Betrieben als „Sklavenhändler“ bezeichneten „Verleiher“ (bei Marx „Gangmaster“), die vor allem mit dem Automobilkapital Geschäfte mit der Arbeitskraft machen. Dabei wurde und wird mit der Leiharbeit und dem ganzen Hartz I-IV-System das Grundrecht der Freiheit der Berufs- und Arbeitsplatzwahl für die davon Betroffenen und für die Erwerbslosen weitgehend abgeschafft. Aber darüber hat der IGM-Gewerkschaftstag beim „Instrumenteakzeptieren“ nicht diskutiert, sondern mit der obigen Argumentation die Beschlussfassung des 22. ordentlichen Gewerkschaftstages (Karlsruhe 2011) ausgehebelt: „Die IGM wird nicht nachlassen, langfristig für die Zielsetzung eines Verbots der Leiharbeit in ihrer jetzigen Form entsprechend einzutreten.“

Es wäre gut, wenn wir über die UZ mit dazu beitragen könnten, dass die Diskussion nicht nur in der IGM mit diesem Ziel wieder aufgenommen bzw. fortgesetzt wird. Denn, gemessen an den Interessen der lohnabhängigen Werktätigen und ebenso aus gewerkschaftlicher Sicht, gibt es keinen einzigen Grund, sich gegen ein Verbot der Leiharbeit auszusprechen. (Infos IGM-Gewerkschaftstag Tagesprotokoll 23. 10. 15)

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Leiharbeit verbieten!", UZ vom 4. Dezember 2015



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]

    Das könnte Sie auch interessieren

    Unsere Zeit