Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit durchsetzen

Leiharbeit verbieten

Von Christa Hourani

Seit Mitte September laufen die Tarifverhandlungen für die Leiharbeit. Am 29. Oktober sind die nächsten Verhandlungen. Die Tarifverträge betreffen nach Angaben des DGB bundesweit etwa 98 Prozent der rund 900 000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Deutschland. Der DGB fordert eine Erhöhung der Entgelte um 8,5 Prozent, höheres Urlaubs- und Weihnachtsgeld und zwar gesamt in Höhe eines Monatsgehaltes, mehr Urlaubstage und Verbesserung der Zuschlagsregelungen.

Die Entgeltgruppe 1 in der Leiharbeit liegt derzeit bei 9,79 Euro (West) und 9,49 Euro (Ost), also nicht viel höher als der Mindestlohn.

Seit Jahrzehnten schon gibt es in vielen gewerkschaftlichen Zusammenhängen Auseinandersetzungen um Leiharbeit. Im Kern geht es um folgende Themen: Verbieten oder Regulieren, gleiche Bezahlung wie die Stammbeschäftigten oder eigener Tarif. So hat die IG Metall noch vor 30 Jahren ein Verbot der Leiharbeit gefordert. Doch dies wurde schon lange ersetzt durch Forderungen nach deren Regulierung. Die Gewerkschaftstage von ver.di und IG Metall in diesem Herbst haben wieder neue Impulse in die Debatte gebracht.

So wurde auf dem ver.di-Bundeskongress das Verbot der Leiharbeit beschlossen. ver.di soll „langfristig auf eine Gesetzesänderung“ hinwirken, „die Leiharbeit abschafft“. Eine Forderung, die auch schon bei den letzten Bundeskongressen beantragt, aber nicht beschlossen wurde. Die Jugend hat sich hier sehr stark eingebracht und sich diesmal gegen die Empfehlung der Antragskommission durchgesetzt.

Ein weiterer wichtiger Antrag zur Leiharbeit wurde jedoch abgelehnt. Dort heißt es: „Der DGB und die jeweiligen Einzelgewerkschaften werden aufgefordert, die Tarifverträge zur Leiharbeit nicht zu verlängern.“ In der Begründung wird die Wichtigkeit dieser Forderung erläutert. „Durch die Kündigung der Tarifverträge gilt dann das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Und dann gilt für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter der gesetzliche Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.“ Durch die Kündigung der Leiharbeits-Tarifverträge würde erreicht, dass Leiharbeiter wesentlich besser bezahlt werden müssten. Heute beträgt die Lohndifferenz über 600 Euro.

Auch auf dem IG-Metall-Gewerkschaftstag gab es etliche Anträge zur Leiharbeit. Einer forderte, dass Arbeitsagenturen aufhören sollten, den Eintritt in ein Leiharbeitsverhältnis zu erzwingen. Dieser wurde angenommen. Andere fordern das Verbot von Leiharbeit, verbindliche Übernahmeregelungen in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, Begrenzung von Leiharbeit, maximale Einsatzdauer, erweiterte Mitbestimmungsrechte und dass der Verdienst eines Leiharbeiters während der Einsatzzeit 25 Prozent über dem Verdienst des vergleichbaren Beschäftigten in der Stammbelegschaft liegen muss. Das bedeutet: gleicher Lohn plus 25 Prozent. Damit würde die Attraktivität von Leiharbeit wesentlich verringert und sie somit eindämmen.

In der Entschließung zur Gesellschaftspolitik heißt es, dass „Leiharbeit dazu missbraucht wird, reguläre Beschäftigung zu verdrängen. Der rotierende Einsatz von Leiharbeitern auf dauerhaften Arbeitsplätzen ist deshalb zu verbieten und Leiharbeit wieder auf die Funktion der Abfederung von Auftragsspitzen zu begrenzen. Als Grundsatz muss dabei das Prinzip ‚gleiches Geld für gleiche Arbeit‘ ab dem ersten Tages Einsatzes für alle Arbeitsbedingungen gelten.“

Beschlossen wurde weder ein generelles Verbot von Leiharbeit, wie in einigen Anträgen gefordert, noch eine Plus-25-Prozent-Regelung. Letzteres wurde als Material an den Vorstand weitergegeben. Die Kündigung der Leiharbeitstarifverträge, die „equal pay“ zum Durchbruch verhelfen würden, war kein Thema. Dies wäre aber der entscheidende Schritt, um die Lohnverluste der Leiharbeitsbeschäftigten zu beseitigen.

Viele Jahre wurde das Aushandeln von Leiharbeitstarifverträgen damit begründet, dass sonst andere Gewerkschaften schlechtere Verträge abschließen, wenn der DGB nichts mache. Doch die einzigen, die in diesem Bereich aktiv waren, war die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM). Und diese hat bereits am 28. März 2013 verkündet, dass sie alle Tarifverträge gekündigt hat. In einer Pressemitteilung verkündete der damalige CGM-Bundesvorsitzende Adalbert Ewen: „Wir haben Fehler in der Zeitarbeit gemacht, und wir haben unsere Lehre daraus gezogen. Das Kapitel Zeitarbeit endet für uns endgültig am 31. März.“ Vom Grundsatz her gelte nun „equal pay“, es könne jedoch auch weiterhin per Tarifvertrag nach unten abgewichen werden. „Diejenigen, die uns über Jahre hinweg vorgeworfen haben, die prekäre Situation in der Zeitarbeit verschuldet zu haben, haben es jetzt in der Hand: Wenn keiner mehr einen Tarifvertrag in der Zeitarbeit abschließt, dann gilt equal pay!“

Auch wenn sonst nichts von der CGM zu halten ist, muss hier zugestimmt werden. Würde kein neuer Leiharbeits-Tarifvertrag abgeschlossen, hätten wir nach Gesetz die gleiche Bezahlung. Zu befürchten ist, dass wieder ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen wird. Die Laufzeit des letzten betrug drei Jahre. Das wäre verheerend, denn die Leiharbeitsbeschäftigten müssten weitere Jahre auf gleiche Bezahlung warten. Spaltung der Arbeiterklasse, unsichere Lebensverhältnisse, weitere Armutslöhne und miese Arbeitsbedingungen sind die Folge.

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"Leiharbeit verbieten", UZ vom 25. Oktober 2019



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