Omikron betrifft nach aktuellen und offiziellen RKI-Angaben schon fast 50 Prozent aller Neuinfektionen an Covid-19 in Deutschland. Wahrscheinlich sind es zwischenzeitlich deutlich mehr. Die Omikron-Variante setzt sich weltweit durch. In Italien hat sich die 7-Tage-Inzidenz innerhalb einer Woche verdoppelt und liegt bei etwa 1.300 pro 100.000 Einwohner. Bei uns lag sie am Wochenende über 360 mit schnell steigender Tendenz. In England ist das Militär zur Unterstützung in Londoner Kliniken abkommandiert worden. Das alles war nach Warnungen von Wissenschaftlern und Medizinern absehbar.
Die neue Variante hat nämlich zwei Eigenschaften, die ihr einen enormen Vorteil gegenüber der älteren Delta-Variante verleihen: 1. Sie ist um das Drei- bis Vierfache ansteckender und 2. kann sie die bestehende Immunität (entweder von einer vollständigen Impfung oder einer vorausgegangen Infektion mit Delta) teilweise umgehen. Gleichzeitig ist Omikron aber sehr wahrscheinlich weniger gefährlich, zumindest für die meisten Geimpften und Genesenen. Trotzdem droht erneut eine Überlastung der Beschäftigten in den Krankenhäusern und Intensivstationen. Daher jetzt die hektischen Aktivitäten der Politik mit weiteren Kontaktbeschränkungen und Verkürzungen der Quarantäne für Personen ohne Erkrankungsanzeichen. Auch andere wichtige Infrastruktur wie Feuerwehr, Polizei, Flugsicherung und so weiter könnte unter einer solchen Entwicklung nicht mehr funktionieren.
Doch zurück zu den Krankenhäusern: Was sind die Gründe für diese „Überlastung“? Derzeit sind nach einer Mitteilung des „Deutschen Ärzteblatts“ ein Drittel aller Intensivbetten gesperrt wegen fehlenden Pflegepersonals. Das restliche Personal darf schuften bis zum Burnout. Diese Situation ist nicht neu, sondern Realität in unseren Krankenhäusern seit 20 bis 30 Jahren! Durch die Pandemie ist dies endlich so bekannt und offensichtlich geworden, dass es nicht mehr zu leugnen ist, zumal dies jetzt nicht mehr nur Folgen für kranke Alte hat, sondern auch Auswirkungen auf das Funktionieren der Wirtschaft. Die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern mit Wechselschichten, nicht planbarer Freizeit und Urlaub und der Unmöglichkeit, unter diesen Bedingungen ein geregeltes Familienleben zu organisieren, bei gleichzeitiger geringer Bezahlung haben dazu geführt, dass immer weniger Pflegekräfte auf Dauer in ihrem Beruf bleiben. Dies alles ist Folge der rücksichtslosen Sparpolitik der vergangenen Bundesregierungen im Sozialbereich und im Gesundheitswesen seit vielen Jahren. Die Ausgaben in diesem Bereich sollen niedrig bleiben, damit die Lohnkosten insgesamt niedrig bleiben. Der Standort Deutschland soll durch geringe Lohnkosten konkurrenzfähig bleiben und die Gewinne der Monopole sollen weiter sprudeln.
Dies wird sich auch unter der neuen Ampelregierung nicht ändern! In ihrem Programm steht zum Beispiel nichts von Bürgerversicherung, nichts von Abschaffung der Fallpauschalen, nichts vom Ende der Privatisierung im Gesundheitswesen. Kurzfristige Lohnerhöhungen mit zeitlicher Begrenzung sind nur Trostpflaster für das Pflegepersonal, ohne dass sich grundsätzlich an der Situation etwas ändert. Nur eine dauerhaft gute Bezahlung mit geregelter Zukunftsperspektive wird mittelfristig daran etwas ändern. Genügend motivierte junge Menschen für diesen Beruf gibt es.
Doch die Merkelsche Sparpolitik wird sich fortsetzen und sich unter dem Druck der Merz-CDU noch verstärken. Wenn wir Glück haben, wird die schnelle Impfung aller, auch der Ungeimpften, aus der Pandemie eine normale Epidemie machen, wie wir das von der Grippe kennen. Das hoffen wir alle. Da der Impfstoffimperialismus der westlichen Staaten und die weltweite Impfungerechtigkeit jedoch weiter besteht, ist aber auch ein anderes Szenario denkbar, bei dem eine neue, gefährlichere Variante sich ausbreitet, gegen die unsere bisherigen Impfstoffe nicht ausreichend wirken. Dann würde alles von vorne beginnen! Für jeden normalen Menschen eine Katastrophe.
Wer sich dennoch in jedem Fall freuen könnte, das wäre die Pharmaindustrie, deren horrende Umsätze und Gewinne in jedem Fall weiter gesichert und zudem nochmals steigen würden.