Wäre der Wertewesten nicht in großer Mission unterwegs, die Welt hätte von der Posse keine Notiz genommen. Bei der Fecht-WM verhielt sich Olga Kharlan aus der Ukraine regelwidrig und wurde regelkonform disqualifiziert. Die Sportlerin hatte das Match klar gewonnen, den obligatorischen Handschlag aber verweigert. Ihre Kontrahentin war die unter neutraler Flagge antretende Russin Anna Smirnowa. Auf die Disqualifikation der Ukrainerin folgte ein Lehrstück in regelbasierter Ordnung. Innenministerin Nancy Faeser forderte den Ausschluss Russlands vom internationalen Sport. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Dirk Bach, beeilte sich, ebenfalls der Ukrainerin beizuspringen: Trotz ihrer Disqualifikation garantiere er ihr einen Startplatz bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr. Der Internationale Fechtverband nahm die Strafe gegen die Ukrainerin zurück und änderte die Regeln. Was wohl Sportlerinnen und Sportler aus Afghanistan, Irak, Syrien und den zahlreichen Ländern, die vom Wertewesten überfallen wurden, zu so viel regelbasierter Ordnung sagen?
Lehrstück regelbasierter Ordnung
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