Westen faselt von Waffenruhe, unterstützt aber weiter Israel

Leere Worte für Gaza

Der Krieg gegen Gaza geht brutal weiter. Selbst das Sekretariat der UN für Menschenrechtsfragen warnt vor der humanitären Katastrophe und dem drohenden Genozid. Und der Westen plant schon für die Zeit nach dem Krieg. In seiner Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping betonte der US-Präsident, es sei nötig, einen palästinensischen Staat zu gründen. Diesmal, so Joseph Biden, solle es ein richtiger Staat werden.

Ein richtiger Staat, allerdings mit Vorbehalt. Zunächst müsse die Hamas zerstört werden. Einen Zeitrahmen gebe es für Israel dabei nicht. Entsprechend ist auch das Abstimmungsverhalten der USA im UN-Sicherheitsrat.

40 Tage nach Beginn des Krieges und nach vier missglückten Versuchen kam es im UN-Sicherheitsrat doch noch zu einer Resolution. Humanitäre Pausen im Krieg sollten eingelegt werden, die ausreichend lange andauern, um Hilfe nach Gaza zu liefern. Erinnert wird in der Resolution besonders an das Schicksal der Kinder in Gaza, die in den Luftangriffen zu Tausenden sterben. Noch nicht einmal dieser minimalen Resolution stimmten die USA und Britannien zu. Trotz der massiven Forderungen in Protesten, mittlerweile auch in Medien und sogar aus dem US-Staatsapparat, die einen sofortigen Waffenstillstand fordern.

Für die israelische Regierung spielt diese UN-Resolution keine Rolle. Der Vertreter Israels bei den Vereinten Nationen nannte die Resolution „entfernt von der Realität und bedeutungslos“. Das gilt, solange die USA Israel wie bisher bedingungslos unterstützen.

Deutschland folgt dem US-Vorbild. Wie bei US-Außenminister Antony Blinken geht es bei Annalena Baerbock und Olaf Scholz um ein bisschen humanitäre Pausen, aber keinesfalls um einen Waffenstillstand, der nur der Hamas nützen würde. Eine Zwei-Staaten-Lösung ja – aber erst, wenn die Hamas besiegt ist.

Andere Staaten bemühen zumindest gegenüber der Öffentlichkeit eine Politik des Sowohl-als-auch. Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau beklagte die hohe Zahl toter Zivilisten und forderte von Israel „maximale Zurückhaltung“, was ihm prompt einen Rüffel von Benjamin Netanjahu eintrug. In einem Gespräch mit Benjamin Gantz am folgenden Tag dagegen betonte Trudeau die Unterstützung für Israel.

In Europa ist der französische Präsident Emmanuel Macron der Meister des Sowohl-als-auch. In einem Interview mit der BBC trat er für eine Waffenruhe ein. Im Gespräch mit Gantz am folgenden Tag betonte er wiederum die französische Solidarität mit Israel. Nur wenige Tage später – im Gespräch mit dem Schweizer Staatspräsidenten in Lausanne – betonte er, Israel habe nicht das Recht, Zivilisten zu bombardieren, und forderte eine „sofortige humanitäre Waffenruhe“. Schließlich muss gerade die französische Politik auf ihre Interessen im Libanon und in Nordafrika Rücksichten nehmen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdog˘an stellt sich weiter als Unterstützer Palästinas dar und sprach auch bei seinem Treffen mit Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz von Kriegsverbrechen Israels. Einen Bruch aber wünscht keine der beiden Seiten.

Die stärkste Reaktion kommt aus dem Globalen Süden – vor allem aus Südamerika, wo viele Regierungen die übermäßige Gewalt Israels in der einen und anderen Form kritisierten. Und unterstützt von anderen Ländern hat Südafrika den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aufgefordert, die Vorgänge in Gaza als Kriegsverbrechen zu untersuchen.

Gantz hatte sich im israelischen Wahlkampf 2019 gerühmt, Teile von Gaza in die Steinzeit bombardiert zu haben – ein Werk, das er jetzt vollendet. Im Westen wird er unübersehbar als zukünftiger israelischer Ministerpräsident behandelt.

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"Leere Worte für Gaza", UZ vom 24. November 2023



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