Zum Erscheinungszeitpunkt dieser Zeitung werden etwa 2,6 Millionen Menschen in Deutschland in der Statistik der „bestätigten Fälle“ des Robert-Koch-Instituts auftauchen und über 73.000 Menschen gestorben sein. Auch wenn es dieser Zahlen bei der Beschallung durch die Medien eigentlich nicht bedarf, dokumentieren sie, welche Auswirkung die Corona-Pandemie hat und was die Folgen einer primär an der Vermeidung wirtschaftlicher Einbußen des Monopolkapitals ausgerichteten Bekämpfungsstrategie sind. Vor allem aber verbergen sich dahinter hunderttausende Menschen und Familien, deren Leid nicht nur eine Zahl ist.
In diesem Land und System werden jährlich zehntausende Tote in Krankenhäusern durch Hygienefehler und Personalmangel akzeptiert. In einem solchen Land rechnet es sich dann auch nicht, mehr Geld in die Erforschung von Arzneimitteln zu stecken, die nur eine Krankheit kurieren, bei der der Großteil der Versterbenden wegen seines Alters nicht mehr produktiv ist. Die mittlerweile in den Hintergrund der öffentlichen Debatte getretene Diskussion zur Triage, also der Sortierung von Patientinnen und Patienten nach einschätzbarem Behandlungserfolg aufgrund nicht ausreichender Behandlungskapazitäten, findet weiterhin bereits vor der Klinikaufnahme statt. Der Zugang zu Therapie und guter Versorgung ist aller Leugnung zum Trotz in diesem System weiter abhängig von sozialer Lage und ökonomischen Möglichkeiten.
Patentschutz muss aufgehoben werden
Schon auf dem Branchentreffen Gesundheit der Kommission Betriebs- und Gewerkschaftspolitik des DKP-Parteivorstandes im Januar war absehbar, dass die jetzige Lockdown-Strategie mit einer völlig einseitigen Fixierung auf das Impfen als Kern der Pandemiebekämpfung nicht ausreichen wird, um die Erkrankungen und Sterbefälle so schnell wie möglich und notwendig zu reduzieren. Aktuell sichert der Staat die Gewinne der Konzerne durch Verzicht auf jegliche nennenswerte Regulierung der Impfstofferforschung und Produktion und ermöglicht mit Erhalt des Patentschutzes exorbitante Profite für die pharmazeutische Industrie: „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. (…) für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.» (MEW, Bd. 23, S. 788).
Die 300 Prozent sind mit der Perspektive einer Impfung, die jeder Erwachsene auf diesem Planeten erhalten sollte, sicherlich keine Übertreibung. Dieser „Goldrausch“ verhindert eine wirksame Pandemiebekämpfung, welche sich neben den kontinuierlichen Testungen auf die drei Säulen Prävention, Impfung und Therapie der Erkrankung erstrecken müsste. Wie erfolgreich so eine Strategie sein kann, beweist Kuba, das unter anderem durch den Einsatz präventiver Medikamente in der Corona-Bekämpfung mit aktuell 0,6 Prozent nur ein Fünftel der Letalitätsrate (Verstorbene pro Infizierte) in Deutschland aufweist.
Impfstoffverteilung durch die WHO
Noch vor der Argumentation, dass solch eine Pandemie keine Landesgrenzen kennt und es einer globalen Strategie zu ihrer Bekämpfung bedarf, ist es Ausdruck unseres grundlegenden Verständnisses von proletarischem Internationalismus und unserer tief empfundenen Solidarität, die Forderung einer weltweiten Pandemiebekämpfung nach vorne zu stellen.
Hierfür braucht es zwei Säulen: Zum einen die weltweite Offenlegung und den Austausch sämtlicher Erkenntnisse der Forschung, Produktion und Distribution zur Corona-Erkrankung sowie von Prävention, Impfung und Therapie inklusive eines Patentverbots für alle dazugehörigen Arzneimittel. Zum zweiten ein globales Impfkonzept zur Bekämpfung der Pandemie in allen Ländern ausschließlich auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse und unabhängig von der wirtschaftlichen Stärke und den daraus resultierenden Möglichkeiten der einzelnen Länder und Staaten. Um das sicherzustellen bedarf es vor den in den Ländern zu erstellenden Impfkonzepten einer Verteilung aller produzierten Impfstoffe und weiterer Medikamente durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Nur mit einer solchen Strategie wäre das Ziel erreichbar, schnellstmöglich für die gesamte Menschheit die Impfung und Therapie mit den wirksamsten Präparaten durchzuführen.
Solange Patente geschützt bleiben und der Wettbewerb zwischen den Monopolen und Staaten fortgeführt wird, bleibt Raum für Impfpräparate mit stärkeren Nebenwirkungen und schlechterer Immunisierung, die aktuell notgedrungener, aber dennoch sinnvoller Bestandteil der jetzigen Impfstrategie sind.
Impfstrategie auf wissenschaftlicher Basis
In den einzelnen Staaten gilt es nun, dafür zu kämpfen, dass die Impfungen streng auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse „ausgerollt“ werden und dabei Impfmöglichkeiten für alle – unabhängig von mittel- oder unmittelbaren strukturellen, sozialen oder ökonomischen Hürden – geschaffen werden. Nicht nur für die Beschäftigten in den Pflegeheimen und Krankenhäusern muss sichergestellt werden, dass alles, was zum Impfen dazugehört (Aufklärung, Verabreichung und Nachsorge) während der vergüteten Arbeitszeit stattfindet. Dabei muss die Impfung des Personals ausschließlich aufgrund der Abwägung des Risikos erfolgen. Der Zugang muss für alle Beschäftigten sichergestellt sein, also auch für Leih- und Werkvertragsarbeiterinnen und -arbeiter, Auszubildende und Beschäftigte von Fremdfirmen. Die Impfungen müssen von zusätzlichem qualifizierten medizinischen oder pflegerischen Personal durchgeführt werden, um eine noch größere Belastung für die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu vermeiden.
Diskutieren für unsere Forderungen
Insbesondere die Beschäftigten im Gesundheitswesen waren schon sehr früh mit der Frage konfrontiert, inwieweit sie sich selbst impfen lassen oder wie sie auf die entsprechende Frage aus dem persönlichen und politischen Umfeld antworten. Im Branchentreffen wurde deutlich, wie notwendig es ist, sich mit berechtigter politischer Skepsis („Pharmazie tut alles für Profit“), realen im Raum stehenden Vorbehalten und Ängsten („Keine Erkenntnisse über Langzeitwirkungen“) und einem Wirrwarr von aufgebauschten Impfzwischenfällen oder konstruierten Folgeschäden auseinanderzusetzen. Denn jetzt ist die Zeit, fundiert und engagiert zu argumentieren in den Diskussionen, die aktuell in den Betrieben und Stadtvierteln, in unserem privaten und politischen Umfeld notwendig sind: Gegen die Profitlogik, die unsere Gesundheit dem Kapital zum Fraß vorwirft. Für unsere Forderungen nach einer weltweiten Bekämpfung der Pandemie und einer Bekämpfung der Pandemie im Sinne aller Menschen. Und damit für eine Veränderung dieser Welt in eine sozialistische Welt, in der die Menschheit bestmöglich vor Erkrankungen geschützt sein wird. Aber auch für die Sinnhaftigkeit, sich bei all den Widersprüchen dieser Zeit selbst impfen zu lassen.
Im Branchentreffen Gesundheit der Kommission Betriebs- und Gewerkschaftspolitik des DKP-Parteivorstandes tauschen sich Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen und Aktive in Gesundheitsbündnissen zu der Arbeitssituation aus und beraten über Strategien, Forderungen und Positionen der Kommunisten für ein besseres Gesundheitswesen. Dabei sind auch immer wieder solidarische Genossinnen und Genossen aus anderen Branchen, die die Arbeit unterstützen wollen. Kontakt: gesundheit@dkp.de